Randbemerkungen

Elende Politikverdrossenheit

Das reale Ergebnis der Nachwahl in Berlin:

Platz 1Nichtwählende24 %
Platz 2kein deutscher Pass20 %
Platz 3Kinder und Jugendliche13 %
Platz 4CDU12 %
Platz 5SPD8 %
Platz 6Grüne8 %
Platz 7Linke5 %
Platz 8Sonstige4 %
Platz 9AfD4 %
Platz 10FDP2 %

Das ist doch gruselig: Ein Viertel will nicht, ein Drittel darf nicht. Und dann reicht ein Achtel der Bevöl­kerung, um den sog. Wahl­sieger zu bestimmen.

Und dieses Achtel ist entweder so schlecht infor­miert oder so gleich­gültig gegen­über der Zukunft junger Menschen, dass es einer Partei Lösungs­kompe­tenzen zutraut, die ausweis­lich nahezu allem, was ihre Expo­nent*­innen von sich geben, weder in ihrem Werte­system noch in ihren Konzepten auch nur in der Nähe des 21. Jahr­hunderts ange­kommen ist …

Es gibt Dinge, die Hoff­nung machen, dass unsere Spezies mit den Heraus­forde­rungen der Zukunft umgehen kann. Das aktu­elle Wahl­ergebnis in Berlin gehört nicht dazu.

4 Comments

  • Erik Schlicksbier

    @chriswoehrl Wir haben keine Wahlpflicht. Nicht wählen zu gehen (besonders wenn man vielleicht das Gefühl hat, nur zwischen Pest und Cholera wählen zu können), ist durchaus auch legitim. Dass Kinder nicht wählen, ist ja wohl auch mehr als verständlich (wie auch Jugendliche bis zu einem gewissen Alter). Das Rumreiten auf solchen Punkten hat auch immer wieder ein populistisches Geschmäckle.

    • Christian Wöhrl

      Nein, wir haben keine Wahlpflicht, und das ist auch gut so. Ich störe mich auch deutlich weniger an denen, die nicht wählen wollen, als daran, dass es enorm viele gibt, die es noch nicht dürfen und denen aber eine Minderheit aus schierer Wurschtigkeit, Egoismus oder Welchem-schlechten-Grund-auch-immer die Zukunft versauen kann (und das auch tut, let’s face it). Nenn’ das meinetwegen Populismus, ich nenne es Verzweiflung.

  • Thore

    Es ist weniger eine Politik- als eine PolitikER-Verdrossenheit. Wenn die Leute mal nur nach den Ideen und Werten der Parteien wählen würden, was so eine typische und ehrlich beantworte Wahl-o-mat-Auswertung liefert, dann hätten wir vermutlich eine starke Links-Grüne Regierung. Aber „Empörung! Das geht ja mal gar nicht! Sandalentragende Körnerfresser mit Jutetaschen und ex-DDR-SEDler aus Prinzip nicht!“ Also weiter wie bisher wählen oder gleich zu Hause sitzen bleiben. Dafür muss man nicht zum Wahllokal stiefeln.
    Der demografisch zwangsläufig erfolgende Wandel dauert im natürlichen Lauf einfach noch zu lange. Wobei mit zunehmendem Alter in der Regel auch immer konservativer gewählt wird (lateinisch conservare „erhalten“, „bewahren“, das genaue Gegenteil von Veränderung und Fortschritt). Der Wandel wird außerdem zusätzlich noch aktiv von einem großen Teil der im Amt befindlichen Volksvertreter aktiv behindert. Auch durch mangelnde Bildung (im Sinne von Intellektbildung, nicht Anhäufung von lexikalischem Faktenwissen). Anders lässt sich die Stärke der Egoistenpartei bei den Jüngeren nicht erklären.
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1257097/umfrage/wahlverhalten-bei-der-bundestagswahl-nach-alter/
    Reinhard Mey – Sei wachsam:
    …Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm:
    „Halt‘ du sie dumm, ich halt‘ sie arm!“

    • Christian Wöhrl

      An der Unterscheidung zwischen Politik- und Politikerverdrossenheit ist was dran. Zum Beispiel finde ich es auch ausgesprochen verdrießlich, dass es ziemlich viele Politiker (seltener *innen) im Alter 60 oder 70 plus gibt, deren Arbeit (bzw. in manchen Fällen eher die Verweigerung derselben) massive Auswirkungen auf das Leben von heute 20- oder 10-Jährigen hat und die es einfach nicht nötig finden, über ihren eigenen zeitlichen Horizont hinauszudenken. Also sowohl bei Wählenden wie Gewählten ist die Überrepräsentation der ersten Nachkriegsgeneration ein Problem, das uns noch gewaltig auf die Füße fallen wird.

Schreibe einen Kommentar zu Erik Schlicksbier Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert