Absichten
Andernorts diskutiere ich gerade recht intensiv über Segen und Fluch von „KI“ und habe das Bedürfnis, auch hier die Entwicklung meiner Gedanken zu dokumentieren. Deshalb eine Fortsetzung zum ⇢ Einrichtungshaus:
Man kann ja technische Erfindungen mit unterschiedlichen Absichten machen. Dass die millionenfache Verbreitung des Automobils den Planeten zum überwiegend Schlechteren verändert und alljährlich enorm viele Menschenleben kostet, kann man dem Konstrukteur des ersten Autos gewiss nicht zum Vorwurf machen: Der könnte noch heute guten Gewissens sagen, dass das aus damaliger Sicht eine prima Idee war, sehr menschen- und mit Blick auf die Kutschpferde womöglich auch tierfreundlich gemeint.
Auf diese Position wird sich der Erfinder der ersten halbautomatischen Waffe eher nicht zurückziehen können: Auch wenn sich mit Phantasie ein Szenario konstruieren ließe, in dem etwa die Benutzung eines Sturmgewehrs rundum positive Folgen hat, ändert das nichts daran, dass sein primärer Daseinszweck in wirksamerer Zerstörung besteht, so dass die Welt ohne solche Waffen offensichtlich eine bessere wäre.
Und den folgenden Gedankengang nun kann ich nicht beweisen, sondern nur vage daraus ableiten, in welchen Kontexten exponierte Figuren der „KI“-Szene agieren: Auf der Skala zwischen guten und bösen Absichten ihrer Erfinder*innen und, viel wichtiger noch, ihrer Finanziers würde ich „KI“ bestenfalls mittig einordnen, tendenziell eher bei „destruktiv gemeint“. Ganz ohne Frage gibt es in diesem Themenkomplex auch reichlich nützliche Anwendungen, teils sogar ursprünglich so intendiert. Aber den eigentlichen Zweck dahinter, menschliches Bewusstsein und schöpferische Leistungskraft maschinell zu simulieren, vermute ich weniger in der Befreiung der Menschen als darin, sie in neue Abhängigkeiten zu zwingen.
Oder konkreter: Nicht die Menschheit als ganze soll Nutznießerin dieser Techniken sein, sondern eine recht kleine Kaste erhofft sich in „KI“ ein wirksames Herrschaftsinstrument. Und indem ChatGPT und Co. Informationen zwar vordergründig einfacher zugänglich machen, aber auch immer schwieriger veri-/falsifizierbar, funktionieren sie in diesem Sinne auch ganz wie erhofft. Wir haben hier mächtige Werkzeuge, auf den ersten Blick nutzbar für jede*n, die die entsprechende Website oder App aufrufen kann. Nur eine Minderheit jedoch ist fähig, die Ergebnisse dieser Werkzeuge adäquat zu bewerten und gegebenenfalls zu korrigieren; und meine Befürchtung geht dahin, dass diese Fähigkeit durch wiederholte Nutzung von „KI“ tendenziell weiter verkümmern wird, statt davon trainiert zu werden. Oder auf eine politische Ebene umgehoben: Es mag zunächst kontraintuitiv sein, aber die Anwendung und Verbreitung dieser Werkzeuge hat meines Erachtens für die Anliegen von Demokratie und (globaler) Gerechtigkeit mehr Schad- als Nutzpotenziale.
Dies ist, bitte richtig verstehen, eine Theorie, ein Bauchgefühl – nicht ansatzweise objektiv. Es soll nur zu ergründen versuchen, warum ich mich der verbreiteten Begeisterung über „KI“ nicht anschließen mag und möglichst wenig damit in Kontakt kommen möchte. Auch hier neige ich zur Behauptung: Bei allem potenziell und real Positiven wäre die Welt ohne „künstliche Intelligenz“ insgesamt eine bessere.

