Eine bastelfreundliche optische Bank
Digitales Low-Budget-Großformat
- 1: Bevor es losgeht: Wozu überhaupt der Aufwand?
- 2: Eine bastelfreundliche optische Bank
- 3: Und was kommt vorn und hinten dran?
- 4: Die digitale Fachkamera im Einsatz
Grundsätzlich gibt es Fachkameras in zwei Bauformen: Die Laufbodenkamera hat ein eher kleines Packmaß bei oft relativ geringem Gewicht, während die sperrigere Kamera auf optischer Bank meist üppigere Verstellwege aufweist. Da der modulare Aufbau einer optischen Bank unseren Bastelzwecken sehr entgegenkommt, wird hier nur dieser Kameratyp besprochen.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts besonders weit verbreitet waren Fachkameras der niederländischen Firma Cambo. Die hießen „Super Cambo“ oder später „Cambo SC“, im englischen Sprachraum waren sie auch als „Calumet“ gelabelt. Das waren nicht die luxuriösesten Modelle (namentlich sind die Regler für die Verstellungen hier nicht selbsthemmend, sondern müssen separat gelöst und wieder festgezogen werden), sondern eher der preisgünstige Einstieg ins Großformat mit den wesentlichsten Funktionen. Für alles hier Beschriebene sind sie völlig ausreichend, und im Gegensatz zur schickeren, meist sehr teuren Konkurrenz findet man eine komplette Cambo SC im „kleinen Großformat“ 9×12 cm bzw. 4×5 Zoll immer mal unter 200 Euro. Außerdem sind die einschlägigen Plattformen auch ziemlich voll mit allen Einzelteilen, die man so brauchen könnte, zu meist okayen Preisen.
So eine Kamera auf optischer Bank sieht im Kern so aus:
Auf einem Grundrohr (hier hat es quadratischen Querschnitt mit 1 Zoll Seitenlänge1) sitzen zwei sog. Standarten, die bei der Cambo im 4×5-Format baugleich, also austauschbar sind. Diese sind auf dem Grundrohr beweglich angeordnet; über ihren Abstand zueinander wird die Scharfeinstellung geregelt – je einer der Drehknöpfe löst oder sperrt, der andere sorgt für die Verschiebung auf dem Grundrohr. Die Standarten lassen sich an ihrer Basis beliebig weit drehen (um volle 360 Grad, solange kein Balgen montiert ist) und um je 2,5 Zentimeter seitlich verschieben. Der quadratische Rahmen, der nachher alle sonstigen Bauteile aufnimmt, ist in der Höhe auf insgesamt 12 cm verstellbar und lässt sich auf Höhe der Objektiv-Mitte um je ca. 30 Grad nach vorn und hinten schwenken. (Die Anschlüsse in den Standartenrahmen sind auf beiden Seiten identisch, man kann sie nachher also, je nach erforderlichem Abstand zwischen Objektiv und Sensor, „außen“ oder „innen“ haben.) – Wichtig, wenn man so ein Gerät im Internet sucht: Bei einer optischen Bank muss immer auch eine Stativschelle (rechtes Bild) dabei sein, ohne eine solche macht die Kamera weniger Spaß 🙂
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Ein wichtiger Teil der Kamera ist ihre Mattscheibe. Streng genommen könnten wir nachher auch ohne sie auskommen, aber dafür müsste man immer dann, wenn das Digi-Bild aus mehr als einem Ausschnitt bestehen soll, die Bildkomposition abschätzen – also nehmen wir sie lieber mit. (Notfalls lässt sich aber auch eine aus Klarglas selbst herstellen. Und wie sich die Cambo-Mattscheibe an einer „nach innen“ gedrehten Standarte befestigen lässt, obwohl das ab Werk nicht so gedacht ist, dazu habe ich nebenan was geschrieben.)
Manchmal werden bei im Internet angebotenen Fachkameras auch eine oder mehrere Objektivplatinen mitgeliefert, ohne oder mit Objektiv; aber dazu mehr in Teil 3.
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Zu einer vollständigen Kamera gehört nun noch mindestens ein Balgen, der die lichtdichte Verbindung zwischen Objektiv- und Sensorebene herstellt. Da gibt es zwei Typen:
Der Falten- oder Ziehharmonikabalgen (links) ist der universellere, weil er sich an mittlere und lange Brennweiten anpassen und weiter in den Nahbereich fokussieren lässt als der sack-artige Weitwinkelbalgen (rechts). Der ist vor allem bei kurzen Brennweiten im Vorteil, weil ein Faltenbalgen, wenn er stark komprimiert ist, zu steif ist für große Verschiebewege der Standarten gegeneinander.
Weil für unsere Zwecke aber Brennweiten, die im Großformat als kurz gelten – Pi mal Daumen 100 Millimeter und weniger –, etwas problematisch sind2, empfiehlt sich eher ein Faltenbalgen. Damit können wir nachher dann solcherlei Akrobatik machen:
Aber bevor wir das tun, müssen wir noch ein Objektiv und die Kamera anschließen. Darum geht’s in Teil 3.
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Digitales Low-Budget-Großformat
- 1: Bevor es losgeht: Wozu überhaupt der Aufwand?
- 2: Eine bastelfreundliche optische Bank
- 3: Und was kommt vorn und hinten dran?
- 4: Die digitale Fachkamera im Einsatz
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- 1 Zoll = 25,4 mm; Standarten und Stativschelle sind erfahrungsgemäß gut kombinierbar mit 25x25er Quadratrohren aus dem Metall-Zuschnitt, Sonderlängen lassen sich also improvisieren ↩︎
- viele Digitalkameras mögen es nicht, wenn das Licht sehr schräg auf den Sensor fällt, und quittieren das mit Abbildungsfehlern; kurze Brennweiten sind daher in unserem Nutzungsprofil fast nur im Nahbereich mit entsprechend mehr Balgenauszug und Abstand zum Sensor sinnvoll nutzbar ↩︎
2 Comments
Aebby
„viele Digitalkameras mögen es nicht, wenn das Licht sehr schräg auf den Sensor fällt, und quittieren das mit Abbildungsfehlern“
Das Problem kenne ich auch, bei den frühen digitalen Spiegelreflexkameras war auch die Empfindlichkeit noch vom Einfallswinkel abhängig. Ich weiß nicht ob das heute auch noch so ist.
Christian Wöhrl
Das mit der Empfindlichkeit ist mir nie begegnet, nur starke Farbverschiebungen. Hatte früher zwei für Leica M gedachte Voigtländer-Weitwinkel, die ich gern digital weiterbenutzt hätte; aber die haben das halbe Bild lila eingefärbt …