An Flüssen, im Flow

Panoramabild eines Flusses mit Zufluss eines anderen Baches, niedrig stehende Sonne, ein spitzer Kirchturm

Tag 1: Weser zwischen Rinteln und Hameln

Ein Fluss, bewaldetes Ufer, in der Mitte ein roter Kahn

Tag 2: Unterlauf der Fulda, ein Stündchen noch bis Kassel

Ein einzelner Baum auf einer Wiese, daüber spektakuläre Wolken

Tag 3: Unterhalb der Wasserkuppe

Eine Schotterpiste im Wald, steil ansteigend, im Vordergrund ein Fahrrad

Tag 4: Spessart vor Heigenbrücken – Spaß voraus!

Unscharf ein Bach mit felsigem Ufer, vorn klein, scharf, eine lila Blume

Tag 5: Unterlauf der Fränkischen Saale

Ein Feld voller Sonnenblumen als Farbfleck an einem grauen Tag

Tag 6: In den Höhen Mainfrankens

Eine kleine "Stromschnelle" in einem Bach von oben, weiche Wasserbewegung

Tag 7: Steinachtalklamm

Eine Burg steht über einer Wasserfläche auf einem bewaldeten Hügel und spiegelt sich

Tag 8: Schloss Burgk an der Saale im Thüringischen Schiefergebirge

Eine Raffinerie bei tiefstehendem Licht, im Vordergrund lange blaue Rohre

Tag 9: Leuna – mit etwas Goodwill Industrieromantik

Bäume als Silhouetten und mehrere Kondensstreifen und Wolken am Morgenhimmel spiegeln sich im Wasser

Tag 10: Unteres Saaletal, morgens vor 5

Die Etappen:

Prolog 30 km Nördlich der Porta West­falica kannte ich die Weser schon, daher bin ich mit der Bahn (9-Euro-Ticket) bis kurz hinter Nien­burg gefahren und dann über den östlichen Kamm des Weser­gebirges geschlen­kert. Höhe­punkte waren der Mittel­land­kanal und das mir bisher unbe­kannte Bücke­burg sowie (nicht im Bild) das Besucher­bergwerk, aus dessen Schächten es so angenehm kühl blies 🙂 Über­nachtung am Doktorsee bei Rinteln.

Tag 1 165 km Die Vorfreude auf endlich wieder Radfahren trieb mich lange vor Sonnen­aufgang raus aus dem Zelt. An der Weser rollt es aber auch super, wenn man nicht grade von kleinen flau­schigen Wege­lagerern mit hungrigem Blick zum Absteigen und Hallo­sagen genö­tigt wird … In Hameln hab ich mich ein biss­chen im Hafen aufge­halten, nach Besich­tigung von Kloster Corvey war mir diesmal nicht. Und auch wenn ich unter­wegs am liebsten vegan esse: Das ist einfach noch lange nicht so verbreitet wie vege­tarisch, und wenn mir in einem richtig urigen Bier­garten (im Zielort Hemeln) so eine Variante Strammer Max wie im letzten Bild ange­boten wird, sage ich auch nicht nein.

Tag 2 170 km Am Zusammen­fluss von Fulda und Werra war ich vor sechs Uhr, und eine Bäckerei konnte schon zweites Frühstück anbieten – das hat man nicht überall. Auch der Fulda­radweg lädt über weite Strecken zum entspannten Sausen ein – nicht ganz so schnell wie der ICE, aber der fliegt ja auch mehr drüber. Der Fulda- hat aller­dings ein paar Höhen­meter mehr als der Weser­radweg, immer mal hier und da einen Hügel hoch und wieder runter. (Nicht dass mich das stören würde …). Camping­plätze sind dafür seltener; Roten­burg war mir noch zu früh, notfalls wäre es Schlitz geworden, aber vorher habe ich den Hinweis auf ein Heuhotel in Nieder­aula entdeckt, und das war auch ein richtig feines Quar­tier. Und wer hätte noch vor wenigen Jahren in einem Dorf­gasthof einen richtig erst­klassigen veganen Burger erwartet? Allmählich tut sich was.

Tag 3 95 km Rund um Schlitz ist das Fuldatal richtig schön, da habe ich mir wieder etwas mehr Zeit zum Knipsen gelassen. Dann in Fulda noch ein bisschen Proviant aufge­stockt und den topo­grafischen Höhe­punkt der Tour in Angriff genommen. Letztes Mal war ich flotter oben auf der Wasser­kuppe, aber da war es sicher gut zehn Grad kühler und ich mit dem Renn­rad und ohne Zelt unter­wegs. – Vom touris­tisch stark frequen­tierten Segelflug-Mekka schnell wieder ein Stück runter­gerollt und dann via Fulda mit der Bahn nach Hanau, um ein paar Tage bei der Familie zu verbringen.

Tag 4 110 km Es sollte einer der heißesten Tage des Jahres werden, ich bin also möglichst im Wald gefahren. Von Hanau und dem Kraft­werk Stau­dinger (das seine Kohle dem Vernehmen nach aus Austra­lien bezieht – Markt­wirt­schaft, ey!) durch die Spessart­wälder und nicht wie die Bahn durch die Tunnels, sondern steil auf Schotter über die Hügel drüber. Von Lohr bis Gemünden wieder am Main, dann aber an die Frän­kische Saale, die ich noch gar nicht kannte, und dort auf dem netten Camping­platz Ross­mühle gleich wieder Klamotten gewaschen – es war eine beson­ders schweiß- und staub­intensive Etappe.

Tag 5 120 km Wollte eigent­lich an der Frän­kischen Saale bleiben, denn es ist wirk­lich hübsch da. Aber kurz nach 11 Uhr habe ich hinter Bad Kissingen beschlossen, dass Fluss­radwege nicht die erste Wahl in heißen Sommern sind – das Queck­silber kratzte an der 40-Marke, und da war es tatsäch­lich erträg­licher, teils schie­bend über die Höhen auszu­weichen: Da gab es zumin­dest Schatten. Was man auf dem vorletzten Bild viel­leicht erahnt: Die Sonnen­blumen hatten an diesen Tagen ihre Köpfe syste­matisch von der Sonne wegge­dreht – hatte ich so auch noch nicht gesehen. Camping heute mit Berg­ankunft beim Burg­blick oberhalb Hofheims.

Tag 6 110 km Nachts hatte es geregnet, was für ein Segen! Die Burg ober­halb Hofheims hat einen Land­schafts­park mit Kunst­ruine und allerlei Ritter­kitsch, da habe ich die Maschine gründ­lich einge­schlammt. Danach den Prototyp aller straßen­beglei­tenden Radwege entdeckt und bei später wieder sonnigem und leider heißem Wetter immer wieder weite Blicke von den Hügeln übers Land genossen – diese Sorte Land­schaft liebe ich doch noch ein biss­chen mehr als das meiste, was Schleswig-Holstein zu bieten hat (einzelne Steil­küsten an der Ostsee ausge­nommen). Camping in Stadt­steinach, das man von Kulmbach auch ohne 200 Extra-Höhen­meter via Gumpers­dorf erreichen würde, aber wer bin ich, dass ich einen Berg auslassen würde?

Tag 7 110 km Später Start (erst nach 6:30 Uhr), um in der nahe gele­genen Steinach­klamm ein bisschen Licht zu haben. Die ist zwar nur kurz, aber ein richtiges Schmuck­stückchen und auch der Weg dorthin schon roman­tisch. Dahinter wurde es dann ein einziges Vertikal­mäandern durch wenig besie­delte Agrar­landschaft, um dann mittags auf 700m an der Quelle der „großen“ Saale zu stehen. Ab hier sollten es dann bloß noch ein paar Tage lockeren Ausrollens werden, aber erstens kommt es anders … Auf baye­rischer Seite ist man da fluss­abwärts fast immer in Richtung Norden unter­wegs, also an den vielen kleinen, fiesen Anstiegen ständig in der Sonne. Das schlauchte ganz schön, so dass ich mal lieber in Hof schon im Bier­garten ordent­lich aß, da ich damit rechnete, erst spät auf einem Zelt­platz anzu­kommen. Letztlich wurde es dann ein kleiner, feiner im Schloss Issigau.

Tag 8 115 km Abfahrt nach kurzem Früh­stück schon um 4:55, ich hatte da eine gewisse Vorah­nung … Tatsäch­lich war die Querung des Thüringer Schiefer­gebirges eine ziemliche Anstren­gung. Übern Tag sind wohl ähnlich viele Höhen­meter zusammen­gekommen wie gestern, jeweils gut 1500, aber heute waren sie sehr viel giftiger. Mit meinen 15 Kilo Gepäck auf dem Rad hatte ich einige Male zu schieben, und an zwei Stellen war selbst das noch brutal. Land­schaft­lich ist das alles zwar sehr schön, aber wenn man nicht grade irgend­welche kurzen Steil­stufen zu über­winden hat, fährt man gefühlt stunden­lang am Ufer der hier groß­zügig aufge­stauten Saale in die eine Richtung, um dann die gleiche Strecke wieder zurück­zuradeln, nur auf dem anderen Ufer. Ich glaube, Stauseen werden in diesem Leben nicht mehr meine Freunde 🙂 – Ab unge­fähr Rudol­stadt wird die Route zahmer, da hatte ich dann auch wieder mehr Lust zum Knipsen, aber dann wurde es auch schon Zeit für Unter­kunft, und einen Zelt­platz konnte ich weit und breit nicht finden. Daher ausnahms­weise in Kolkwitz ins Hotel, was zwar auch mal sehr nett ist, aber halt das Budget arg strapa­ziert. Und Frühstück ab 8 ist für meinen Geschmack auch einen halben Tag zu spät. Es passt aber zu dem immer wieder beobach­teten Umstand, dass norm­gerechtes Radreisen in Deutsch­land nur zwischen 10 und 16 Uhr zulässig ist – davor und danach sieht man auf den Routen nur Einhei­mische mit Hunden und verein­zelte Kauze wie mich 🙂

Tag 9 165 km Och, auch ohne höhere Hügel ist die mittlere Saale sehr hübsch. Hier grüßt die Leuchten­burg, da die Dorn­burger Schlösser, dort die Ruine der Wehrkirche Schkortleben, dann wieder fährt man durch ein Wein­bau­gebiet mit netten Wirt­schaften … Nur dass diese Sause­abfahrt (Bild 2) in der Mitte eine Straßen­querung nebst Drängel­gitter hat, das fand ich doch sehr empö­rend 🙂 kann man da nicht eine Brücke bauen? Abends wurde es hektisch, da es mir in Halle noch zu früh gewesen war für Feier­abend, aber der vermeint­liche Camping­platz am Hafen Brach­witz keinerlei sani­täre Anlagen hatte. So musste ich noch rasch vor 22 Uhr eine weitere Fähr­querung schaffen und konnte quasi mit Einbruch der Dunkel­heit mein Zelt am Saale­ufer in Klosch­witz aufstellen. (Nach 30 Jahren könnte ich es aber auch in dunkelster Nacht zum Stehen bringen.)

Tag 10 80 km Noch mal früh raus, es sollte wieder sehr heiß werden. Im Unteren Saaletal ist dann touris­tisch nicht mehr viel los, aber so eine Schleuse und ein Zement­werk sind ja auch mal fotogen. Außer Communism werden hier übri­gens auch andere Konzepte per Graf­fiti und Aufkleber beworben, aber auf die habe ich verzichtet. – In Barby war dann die Saale vorbei und die Elbe erreicht, der ich noch bis Schöne­beck gefolgt bin, und dann ab in den Zug.
Dank Sommer­baustelle zwischen Uelzen und Hamburg wurde es noch eine richtige Odyssee – Umsteigen in Magde­burg, Braun­schweig, Hannover und Bremen. Ich sag’s immer wieder: Das eigent­lich Anstren­gende an Radreisen sind die Bahn­zubringer.