An Flüssen, im Flow
Tag 1: Weser zwischen Rinteln und Hameln
Tag 2: Unterlauf der Fulda, ein Stündchen noch bis Kassel
Tag 3: Unterhalb der Wasserkuppe
Tag 4: Spessart vor Heigenbrücken – Spaß voraus!
Tag 5: Unterlauf der Fränkischen Saale
Tag 6: In den Höhen Mainfrankens
Tag 7: Steinachtalklamm
Tag 8: Schloss Burgk an der Saale im Thüringischen Schiefergebirge
Tag 9: Leuna – mit etwas Goodwill Industrieromantik
Tag 10: Unteres Saaletal, morgens vor 5
Die Etappen:
Prolog 30 km Nördlich der Porta Westfalica kannte ich die Weser schon, daher bin ich mit der Bahn (9-Euro-Ticket) bis kurz hinter Nienburg gefahren und dann über den östlichen Kamm des Wesergebirges geschlenkert. Höhepunkte waren der Mittellandkanal und das mir bisher unbekannte Bückeburg sowie (nicht im Bild) das Besucherbergwerk, aus dessen Schächten es so angenehm kühl blies 🙂 Übernachtung am Doktorsee bei Rinteln.
Tag 1 165 km Die Vorfreude auf endlich wieder Radfahren trieb mich lange vor Sonnenaufgang raus aus dem Zelt. An der Weser rollt es aber auch super, wenn man nicht grade von kleinen flauschigen Wegelagerern mit hungrigem Blick zum Absteigen und Hallosagen genötigt wird … In Hameln hab ich mich ein bisschen im Hafen aufgehalten, nach Besichtigung von Kloster Corvey war mir diesmal nicht. Und auch wenn ich unterwegs am liebsten vegan esse: Das ist einfach noch lange nicht so verbreitet wie vegetarisch, und wenn mir in einem richtig urigen Biergarten (im Zielort Hemeln) so eine Variante Strammer Max wie im letzten Bild angeboten wird, sage ich auch nicht nein.
Tag 2 170 km Am Zusammenfluss von Fulda und Werra war ich vor sechs Uhr, und eine Bäckerei konnte schon zweites Frühstück anbieten – das hat man nicht überall. Auch der Fuldaradweg lädt über weite Strecken zum entspannten Sausen ein – nicht ganz so schnell wie der ICE, aber der fliegt ja auch mehr drüber. Der Fulda- hat allerdings ein paar Höhenmeter mehr als der Weserradweg, immer mal hier und da einen Hügel hoch und wieder runter. (Nicht dass mich das stören würde …). Campingplätze sind dafür seltener; Rotenburg war mir noch zu früh, notfalls wäre es Schlitz geworden, aber vorher habe ich den Hinweis auf ein Heuhotel in Niederaula entdeckt, und das war auch ein richtig feines Quartier. Und wer hätte noch vor wenigen Jahren in einem Dorfgasthof einen richtig erstklassigen veganen Burger erwartet? Allmählich tut sich was.
Tag 3 95 km Rund um Schlitz ist das Fuldatal richtig schön, da habe ich mir wieder etwas mehr Zeit zum Knipsen gelassen. Dann in Fulda noch ein bisschen Proviant aufgestockt und den topografischen Höhepunkt der Tour in Angriff genommen. Letztes Mal war ich flotter oben auf der Wasserkuppe, aber da war es sicher gut zehn Grad kühler und ich mit dem Rennrad und ohne Zelt unterwegs. – Vom touristisch stark frequentierten Segelflug-Mekka schnell wieder ein Stück runtergerollt und dann via Fulda mit der Bahn nach Hanau, um ein paar Tage bei der Familie zu verbringen.
Tag 4 110 km Es sollte einer der heißesten Tage des Jahres werden, ich bin also möglichst im Wald gefahren. Von Hanau und dem Kraftwerk Staudinger (das seine Kohle dem Vernehmen nach aus Australien bezieht – Marktwirtschaft, ey!) durch die Spessartwälder und nicht wie die Bahn durch die Tunnels, sondern steil auf Schotter über die Hügel drüber. Von Lohr bis Gemünden wieder am Main, dann aber an die Fränkische Saale, die ich noch gar nicht kannte, und dort auf dem netten Campingplatz Rossmühle gleich wieder Klamotten gewaschen – es war eine besonders schweiß- und staubintensive Etappe.
Tag 5 120 km Wollte eigentlich an der Fränkischen Saale bleiben, denn es ist wirklich hübsch da. Aber kurz nach 11 Uhr habe ich hinter Bad Kissingen beschlossen, dass Flussradwege nicht die erste Wahl in heißen Sommern sind – das Quecksilber kratzte an der 40-Marke, und da war es tatsächlich erträglicher, teils schiebend über die Höhen auszuweichen: Da gab es zumindest Schatten. Was man auf dem vorletzten Bild vielleicht erahnt: Die Sonnenblumen hatten an diesen Tagen ihre Köpfe systematisch von der Sonne weggedreht – hatte ich so auch noch nicht gesehen. Camping heute mit Bergankunft beim Burgblick oberhalb Hofheims.
Tag 6 110 km Nachts hatte es geregnet, was für ein Segen! Die Burg oberhalb Hofheims hat einen Landschaftspark mit Kunstruine und allerlei Ritterkitsch, da habe ich die Maschine gründlich eingeschlammt. Danach den Prototyp aller straßenbegleitenden Radwege entdeckt und bei später wieder sonnigem und leider heißem Wetter immer wieder weite Blicke von den Hügeln übers Land genossen – diese Sorte Landschaft liebe ich doch noch ein bisschen mehr als das meiste, was Schleswig-Holstein zu bieten hat (einzelne Steilküsten an der Ostsee ausgenommen). Camping in Stadtsteinach, das man von Kulmbach auch ohne 200 Extra-Höhenmeter via Gumpersdorf erreichen würde, aber wer bin ich, dass ich einen Berg auslassen würde?
Tag 7 110 km Später Start (erst nach 6:30 Uhr), um in der nahe gelegenen Steinachklamm ein bisschen Licht zu haben. Die ist zwar nur kurz, aber ein richtiges Schmuckstückchen und auch der Weg dorthin schon romantisch. Dahinter wurde es dann ein einziges Vertikalmäandern durch wenig besiedelte Agrarlandschaft, um dann mittags auf 700m an der Quelle der „großen“ Saale zu stehen. Ab hier sollten es dann bloß noch ein paar Tage lockeren Ausrollens werden, aber erstens kommt es anders … Auf bayerischer Seite ist man da flussabwärts fast immer in Richtung Norden unterwegs, also an den vielen kleinen, fiesen Anstiegen ständig in der Sonne. Das schlauchte ganz schön, so dass ich mal lieber in Hof schon im Biergarten ordentlich aß, da ich damit rechnete, erst spät auf einem Zeltplatz anzukommen. Letztlich wurde es dann ein kleiner, feiner im Schloss Issigau.
Tag 8 115 km Abfahrt nach kurzem Frühstück schon um 4:55, ich hatte da eine gewisse Vorahnung … Tatsächlich war die Querung des Thüringer Schiefergebirges eine ziemliche Anstrengung. Übern Tag sind wohl ähnlich viele Höhenmeter zusammengekommen wie gestern, jeweils gut 1500, aber heute waren sie sehr viel giftiger. Mit meinen 15 Kilo Gepäck auf dem Rad hatte ich einige Male zu schieben, und an zwei Stellen war selbst das noch brutal. Landschaftlich ist das alles zwar sehr schön, aber wenn man nicht grade irgendwelche kurzen Steilstufen zu überwinden hat, fährt man gefühlt stundenlang am Ufer der hier großzügig aufgestauten Saale in die eine Richtung, um dann die gleiche Strecke wieder zurückzuradeln, nur auf dem anderen Ufer. Ich glaube, Stauseen werden in diesem Leben nicht mehr meine Freunde 🙂 – Ab ungefähr Rudolstadt wird die Route zahmer, da hatte ich dann auch wieder mehr Lust zum Knipsen, aber dann wurde es auch schon Zeit für Unterkunft, und einen Zeltplatz konnte ich weit und breit nicht finden. Daher ausnahmsweise in Kolkwitz ins Hotel, was zwar auch mal sehr nett ist, aber halt das Budget arg strapaziert. Und Frühstück ab 8 ist für meinen Geschmack auch einen halben Tag zu spät. Es passt aber zu dem immer wieder beobachteten Umstand, dass normgerechtes Radreisen in Deutschland nur zwischen 10 und 16 Uhr zulässig ist – davor und danach sieht man auf den Routen nur Einheimische mit Hunden und vereinzelte Kauze wie mich 🙂
Tag 9 165 km Och, auch ohne höhere Hügel ist die mittlere Saale sehr hübsch. Hier grüßt die Leuchtenburg, da die Dornburger Schlösser, dort die Ruine der Wehrkirche Schkortleben, dann wieder fährt man durch ein Weinbaugebiet mit netten Wirtschaften … Nur dass diese Sauseabfahrt (Bild 2) in der Mitte eine Straßenquerung nebst Drängelgitter hat, das fand ich doch sehr empörend 🙂 kann man da nicht eine Brücke bauen? Abends wurde es hektisch, da es mir in Halle noch zu früh gewesen war für Feierabend, aber der vermeintliche Campingplatz am Hafen Brachwitz keinerlei sanitäre Anlagen hatte. So musste ich noch rasch vor 22 Uhr eine weitere Fährquerung schaffen und konnte quasi mit Einbruch der Dunkelheit mein Zelt am Saaleufer in Kloschwitz aufstellen. (Nach 30 Jahren könnte ich es aber auch in dunkelster Nacht zum Stehen bringen.)
Tag 10 80 km Noch mal früh raus, es sollte wieder sehr heiß werden. Im Unteren Saaletal ist dann touristisch nicht mehr viel los, aber so eine Schleuse und ein Zementwerk sind ja auch mal fotogen. Außer Communism werden hier übrigens auch andere Konzepte per Graffiti und Aufkleber beworben, aber auf die habe ich verzichtet. – In Barby war dann die Saale vorbei und die Elbe erreicht, der ich noch bis Schönebeck gefolgt bin, und dann ab in den Zug.
Dank Sommerbaustelle zwischen Uelzen und Hamburg wurde es noch eine richtige Odyssee – Umsteigen in Magdeburg, Braunschweig, Hannover und Bremen. Ich sag’s immer wieder: Das eigentlich Anstrengende an Radreisen sind die Bahnzubringer.