An-die-See-Fahrt
Einer der charmanteren Aspekte des selbst&ständigen Arbeitens ist es, dass man das Pfingstwochenende mit seinem traditionell starken Ausflugsverkehr fleißig im Büro verbringen und sich so einen Tag unter der Woche freischaufeln kann, um endlich den Saisonstart-Klassiker Mal schnell mit dem Rad an die Ostsee nachzuholen, wenn nicht ganz so viel Trubel zu erwarten ist.
Weil der Sprössling auch frei hatte, kam er in diesem Jahr erstmals mit, wodurch die Abfahrt etwa vier Stunden später erfolgte als bei meinen Solotouren üblich; bis so ein Pubi aus seiner Höhle gekrochen ist, dauert halt eine Weile. Vorgenommen hatten wir uns nichts Konkretes, einfach nur grob nach Norden und irgendwann mit dem Bummelzug zurück. Los ging es ziemlich schön; aber das ist zwischen Hamburg und Lübeck im Grunde unausweichlich – solange man die Bundesstraßen meidet, ist im Kreis Stormarn überall feines Radrevier.
Ab Lübeck wurde es leider ein bisschen unübersichtlich; im Rückblick hätten wir doch eine Route von hier bis ans Wasser vorplanen sollen. Vermutlich sind einige überflüssige Kilometer zusammengekommen, bis wir Bad Schwartau mit seiner prima Eisdiele erreicht hatten. Von hier war nach Timmendorfer Strand eine Radroute ausgeschildert, und ebendort hatten wir dann erstmals für heute Blick auf die Ostsee.
Für eine längere Pause war es uns aber noch zu früh, weshalb wir, immer der Radrouten-Beschilderung folgend, noch die Neustädter Bucht umrundeten, bis es hinter Pelzerhaken Kekse mit Aussicht gab. Dort beschlossen wir dann auch, dass es uns fürs Erste mit diesem Teil des Ostseeküsten-Radwegs reichte: So schön der auf der Mecklenburger Seite und dann auch noch vom Priwall bis ungefähr Niendorf geführt wird, so öde und über weite Strecken auspuffnah ist er im Bereich der Neustädter Bucht.
Deshalb bogen wir bei Grömitz ins Landesinnere ab und schlenkerten entspannt auf ruhigen Wegen der ostholsteinischen Metropole Oldenburg entgegen. Nicht auf direktestem Wege allerdings, denn der Filius hatte auf der Landkarte ein Dorf namens Kabelhorst gefunden, und als Azubi im Bereich Watt&Volt braucht man dann natürlich so ein Ortsschild als Foto für die Social-Media-Profile (Bist du der Elektriker? – Ne, ich bin der Kabelhorst).
In Oldenburg selbst beschlossen wir, erst eine Bahnfahrkarte zu besorgen, um dann noch mal an die Ostsee weiterzufahren und was zu essen. Aber wohin? Heiligenhafen 16 km einfach, Weißenhäuser Strand 8 km, wir waren schon bei dreistellig, was für den Lütten eine Premiere war, also Weißenhäuser Strand, das wir bis dato nicht kannten. Super Idee, wenn man es ruhig haben möchte, also wirklich ruhig, ruhig im Sinne von Rerik am Salzhaff Anfang Februar: Da gibt es ein sog. Resort, das augenscheinlich letztmalig vor Erfindung des Wortes Resort saniert worden ist, ansonsten Strand und sonst nix. Vor allem gibt es da nix zu essen für Durchreisende: ein Restaurant, sogar schick von außen, das nur Resort-Gäste bedient, und einen um 16 Uhr schon geschlossenen Imbiss.
Oh, und es gibt Himmel über dem Meer.
Den haben wir uns zum Restkeks angeschaut und sind dann wieder zurückgeradelt, um an der Oldenburger Peripherie jeder eine immerhin leckere Pizza zu verdrücken und dann auf die Bimmelbahn zu warten. Im Fazit waren wir uns einig, dass das eine ziemlich schöne Tour war – wie üblich mit Kompromissen beiderseits: Wie immer wäre der Lütte gern schneller gefahren als unseren diesmal ca. 22er Schnitt, ich aber keinesfalls; dafür hätte ich, die Beine waren gut heute, gern noch ein paar Stunden und Meilen mehr im Sattel verbringen können, während ihm die letztlich 142 km für den Anfang ausgereicht haben. Aber so war man halt zu zweit unterwegs statt jeder solo, und das ist ja auch mal was Schönes.
One Comment
derbaum
schön, danke fürs mitnehmen. und ich liebe diese frei-tage unter der woche…