Punkt, Punkt, Komma …
… und dann noch ein Strich. Aber welcher?
Eigentlich ist es ganz einfach – die deutsche Schriftsprache kennt (lassen wir Sonderformen wie Formel- und Tabellensatz mal außen vor) drei unterschiedlich lange Striche mit jeweils eindeutigen Regeln zur Verwendung:
- Viertelgeviertstrich: Das ist der Binde- oder Koppelstrich sowie der Trennstrich (Divis) bei Worttrennung am Zeilenende. Er wird generell ohne Leerraum angeschlossen.
– Halbgeviertstrich: Das ist der Gedankenstrich, als solcher zwischen zwei Leerzeichen eingeschlossen; ebenfalls ist es der Bis- und Streckenstrich, und zwar 0–24 Uhr ohne Leerraum, im Fachjargon also kompress gesetzt.
— Geviertstrich: Das ist der Spiegelstrich in Aufzählungen, angesichts ubiquitärer Bullet Points heute ein wenig aus der Mode gekommen.
Dass der Geviertstrich (oder htm-englisch em dash) heutzutage kaum mehr eine Rolle spielt, ist die eine Sache und aus meiner Sicht einigermaßen zu verschmerzen – Aufzählungen gestalte ich in der Regel ohnehin individuell mit Schmuckzeichen oder grafischen Elementen. Um wen ich mir als Text- und Typografieschaffender akut Sorgen mache, das ist der Halbgeviertstrich (en dash). Denn der wird in Lauftexten an den unterschiedlichsten Stellen gebraucht, heutzutage aber von immer mehr Menschen gedankenlos durch das kürzere Divis ersetzt. Vermutlich müssen wir sein schleichendes Dahinscheiden als Kollateralschaden der Digitalisierung betrachten: Was auch mit Shift nicht auf Taste liegt, das wird einfach nicht mehr verwendet. (Als Nachtrag: auf Anregung – danke! – noch eine zwangsläufig unvollständige Notiz zu den relevanten Tastenkombinationen.)
Jedenfalls verursacht es einem Interpunktionsfundamentalisten wie mir regelmäßig körperliche Schmerzen, wenn mal wieder (und das wird tatsächlich immer häufiger) jemand nur Divise in seinem Skript hat und von mir erwartet, dass ich die unwidersprochen auch als Gedanken- und Bis-Striche stehen lasse. Aus reiner Notwehr habe ich daher mal ein Merkblatt gestaltet, vielleicht findet es ja sonst noch jemand nützlich.
6 Comments
derbaum
das muss ich erst mal sacken lassen – damit habe ich mich noch nie befasst – für mich waren das bisher immer gedankenstriche… danke!
cwoehrl
Man könnte sich ja auch auf den Standpunkt berufen, dass schriftliche Kommunikation sich von Print sowieso immer weiter auf digitale, insbesondere mobile Geräte verlagert und das alles heutzutage nicht mehr so wichtig ist. Aber indem man solche Feinheiten außer Acht lässt, beraubt man sich letztlich der möglichen Präzision im Ausdruck: Dresden-Löbtau ist zum Beispiel nicht nur räumlich, sondern auch funktional was völlig anderes als Dresden–Hoisdorf 🙂
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Detlef
Willigen Geviertstrichnutzern und lernwilligen Ignoranten würde vielleicht schon helfen, wenn die Tastenkombination mit angegeben würde, mit der man das Zauberzeichen auf den Monitor befördert 🙂
cwoehrl
Darüber habe ich tatsächlich nachgedacht, aber systemübergreifend einheitlich ist das ja nur bei HTML.
Bei Apple Desktop ist der Halbgeviertstrich [Alt] plus [Bindestrich], Geviert [Alt]+[Shift]+[Bindestrich].
Bei iOS liegen beide bei den Zeichenalternativen fürs Divis.
Für Linux müsste IIRC [AltGr] und [Bindestrich] für den Halbgeviertstrich funktionieren. Gibt es eigentlich Windows noch?, da ist es bestimmt je nach Programmversion unterschiedlich geregelt. Und wie man Sonderzeichen in LaTeX tanzt, da bin ich sowieso raus 🙂
cwoehrl
Hi, jetzt war ich selbst noch mal neugierig: Hier ist eine für mein Empfinden brauchbare Übersicht für verschiedene Systeme.