Worüber man dieses Jahr an der Weihnachtstafel sprechen könnte
Noch immer weigere ich mich zu glauben, dass es einer signifikanten Mehrheit der Großeltern in Deutschland egal ist, ob die Generation ihrer Enkel auch nach ihrem eigenen Ableben noch eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben hat. Aber warum nur wählen sie mehrheitlich so, als sei es ihnen egal?
Immer mal wieder höre ich aus dieser Generation (dankenswerterweise nicht von meinen eigenen Eltern), unter Angela Merkel herrsche so was wie Anarchie und jetzt müsse endlich mal Friedrich Merz ran, damit hier wieder Ordnung einkehrt. Aha? Man soll ja von den Leuten immer erst mal das Beste annehmen, aber auch nach längerem Nachdenken fällt mir zu Friedrich Merz nichts Besseres als „ultrareaktionär“ ein. Wobei auch die übrigen Ambitionierten der vorgeblich christlichen Partei ja keinesfalls den Verdacht erregen, sich schon jemals nennenswert mit den drängenden Problemen des 21. Jahrhunderts befasst zu haben. Und die Idee, dass möglicherweise mal ein anderes Lager die Kanzlerin stellt (die Reste der vormaligen Sozialdemokratie muss man inzwischen wohl demselben Lager zurechnen, aber dazu sage ich jetzt nichts weiter, denn de mortuis nil nisi bene), die ist für viele Nachkriegs- und Wirtschaftswunderkinder offenbar völlig absurd.
Liebe Großeltern, wovor habt ihr Angst? Himmel, nicht mal die Linke würde euch unmittelbar enteignen. Und es ist nun mal nur noch mit sehr großen Scheuklappen auszublenden, dass die Klimakrise und ihre Begleiterscheinungen innerhalb weniger Jahrzehnte zu weltweiten Verwerfungen in einem Ausmaß führen werden, dem auch ein jährlich zwanzigprozentiges Wachstum der Heiligen Deutschen Automobilindustrie nichts mehr entgegenzusetzen hätte, und dass daraus Handlungszwänge erwachsen, die mit dem Instrumentarium des westlichen Kapitalismus nicht mehr zu bewältigen sind. Ihr mögt euch weiter in der Sicherheit wiegen, dass kalifornische Waldbrände, das Tauen der Permafrostböden, der steigende Meeresspiegel nichts mehr mit euch zu tun haben. Mit euch vielleicht nicht (zumindest solange euer und unser aller Konsumverhalten ausgeklammert bleibt) – aber mit euren Enkeln umso mehr.
Also denkt mal bitte an eure Enkel, und nicht nur bei der alljährlich belangloser werdenden Frage, was die lieben Kleinen sich denn zu Weihnachten wünschen.