Kurz notiert: Umverteilungsdebatte
Habt ihr gestern oder heute auch diesen hübschen Grafik-Ausschnitt auf Twitter gesehen, der auf einem Artikel in der Süddeutschen zu den Steuerplänen der großen Parteien beruht, welcher dann aber nur für Abonnenten zugänglich ist? Da mich die Sache sehr interessierte, habe ich mal weitergesucht und beim Forschungsinstitut ZEW diese Pressemitteilung und diese PDF-Datei gefunden. (Sowie einen frei zugänglichen SZ-Kommentar, der die Sache aus meiner Sicht sehr gut auf den Punkt bringt.)
Zum Thema Umverteilung nach oben liegt mir einiges auf der Zunge, aber für heute verkneife ich’s mir – schaut euch die Tabellen im PDF selbst an, die sprechen eine sehr deutliche Sprache. Interessanter finde ich Folgendes: Wenn Union und Liberale Spitzenverdienern ernsthaft alle drei Tage mehr Geld schenken wollen als Beziehern niedriger Einkommen im ganzen Jahr, dann begründen sie das ja damit, das Wachstum ankurbeln zu wollen. Und da fragt man sich halt schon, was denn noch alles passieren muss, bis sich auch in diesen Kreisen endlich rumspricht, dass wir eine verdammte Klimakrise haben, auf die konventionelle Wirtschafts- und Konsumförderung die denkbar falscheste aller möglichen Antworten ist. Wie imprägniert gegen die Realität muss man sein, um angesichts immer deutlicherer Katastrophensignale weiterhin das Hohelied der Märkte trällern zu können?
Doch noch ein Nachtrag, nachdem ich etliche Kommentare zu diesem Themenkomplex gelesen habe: Da heißt es manchmal, was daran Umverteilung nach oben sei, wenn alle mehr bekommen. Himmel, wieso ist man eigentlich wahlberechtigt, wenn man die grundlegendsten Dinge nicht begreift? Wenn ich die Steuer auf Einkommen senken will, muss ich das irgendwie gegenfinanzieren, etwa durch indirekte Steuern, die allerdings niedrige Einkommen überproportional belasten, oder durch Einsparungen bei Sozialleistungen und öffentlichen Dienstleistungen, die überwiegend von weniger Vermögenden in Anspruch genommen werden, wodurch deren minimale Steuererleichterungen mehr als aufgezehrt werden. Faktisch subventioniert man dann Geschenke an die finanzielle Upper Class auf Kosten unterer und mittlerer Einkommen. Und das sei keine Umverteilung nach oben?