Goldener November
Beim Aufstehen sah es deutlich schöner aus, als die Wettervorhersage hatte erwarten lassen. Und da nichts allzu Dringendes im Büro anstand, konnte es gleich noch mal eine Radtour sein. Einmal mehr Richtung Mölln und dann in nördlicher Schleife zurück, es ist einfach zu schön da mit all den Feuchtniederungen, Naturschutzgebieten, schmalen, kaum befahrenen Schlängelstraßen und charmanten kleinen Dörfern. Erstmalig war ich heute im Naturschutzgebiet Pantener Moorweiher, auch sonst habe ich wieder einige neue Wegabschnitte kennen gelernt. Und außer zwei heftigen, aber sehr kurzen Schauern war es durchgehend wunderbares Fahrradwetter. – Nur schade, dass sich die vielen hundert Kraniche, die immer noch in der Gegend unterwegs waren, nicht aufs Bild bannen ließen, aber ich hatte bloß das 35er eingesteckt.
Eine kleine Bildergalerie (Möllner Hafen, NSG Moorweiher, Kirche Berkenthin und ein paar Details vom Wegesrand) – den Streckenverlauf plus ein halbes Dutzend weiterer Fotos findet ihr bei komoot:
Übrigens konnte ich heute früh sehr gut an mir selbst beobachten, wie schnell sich irrationale Konsum-Impulse aufbauen können:
Nur zu gern hätte ich mal wieder die Großformatkamera mit Digital-Adapter und vielleicht auch ein paar Planfilmkassetten mitgenommen, die Ausrüstung liegt fertig gepackt griffbereit. Aber dann hätte ich den Anhänger nehmen und deutliche Abstriche bei der Strecke machen müssen, denn 80+ Kilometer mit schwerem Gepäck (Kameragedöns, großes Stativ und der Hänger summieren sich auf einen knappen Zentner), das ist mir dann doch zu viel, man ist ja keine 25 mehr … Weil ich es aber auch nicht mehr über mich bringe, nur für mich allein und zum Spaß den Verbrenner anzuwerfen, um eine Teilstrecke zu überbrücken, blieb halt alles daheim, was sich nicht bequem auf dem Rennrad transportieren ließ.
Und so habe ich beim Frühstück nicht zum ersten Mal gedacht, dass es eigentlich schön wäre, ein E-Bike mit Anhängerkupplung zu haben. Aber realistisch betrachtet ist das halt Quatsch: Denn ich würde ja nicht nur noch mit einem E-Bike fahren wollen, sondern eben nur dann, wenn ich viel Nutzlast über längere Strecken zu transportieren habe. Also würde der Akku (oder wahrscheinlicher: die Akkus – für einen ganzen Tag mit Hänger dürfte einer nicht reichen) wochenlang nicht genutzt werden, müsste dann aber kurzfristig mit voller Kapazität verfügbar sein. Und das ist nach allem, was ich über E-Fahrräder weiß, sehr weit weg von optimaler Handhabung, weil solche Akkus wohl am besten bei etwa halber Ladung gelagert und erst kurz vor Nutzung voll geladen werden; und dann wäre eine ungeplante, völlig spontane Tour wie heute eher nicht machbar. – Nachdem mir ein Fachmensch für so was mal gesagt hat, bei guter Pflege halte so ein Fahrradakku „durchaus fünf Jahre“, müsste ich bei meinem Nutzungsszenario eher von drei Jahren ausgehen, und es ist ja auch nicht so, dass diese Dinger Paarmarkfuffzich kosten …
Jedenfalls frappierend, wie sehr man heutzutage darauf geeicht ist, dass sich Probleme am besten dadurch lösen lassen, irgendwas Neues zu kaufen. Aber mein hier skizziertes Luxusproblem lässt sich wohl sinnvoller dadurch lösen, dass ich mich damit zufrieden gebe, große Fotoausrüstung mit kleinem Aktionsradius zu kombinieren und umgekehrt …


9 Comments
Frau Momo
In der Gegend sind wir auch gerne unterwegs. Ich mag diese Landschaft dort sehr. Das Moor kenne ich noch nicht, das kommt gleich mal auf die to-do-Liste. Deine Photos machen Lust drauf. Ich dachte immer, ich schleppe schon viel mit, aber gegen Dich bin ich da doch eher ein Waisenkind 🙂
Bei uns stellt sieh die Frage des Verkehrsmittels nicht. Da Martin schwer gehbehindert ist, ist das Auto meistens die einzige Option.
Christian Wöhrl
Dieses NSG Moorweiher ist wahrscheinlich für eure Anforderungen eher keine Reise wert – im unteren Bereich, kanalseitig, kommt man zwar an zwei Teiche ran, aber das ist sehr unwegsam einschließlich Kuhweiden-Querung, und der Aussichtsturm im Bild ist zwar von Panten aus befestigt zu erreichen, aber halt auch schon ein paar hundert Meter weg von den Teichen. (Ein Bild von oben ist hier nicht dabei, das ist trotz Manuellfokus und Blende 8 völlig unscharf geworden – das blöde moderne Objektiv führt manchmal ein Eigenleben mit seiner AF-Elektronik.) Insofern versprich dir davon lieber nicht zuviel.
Was das Gepäck angeht, hadere ich durchaus mit mir selbst, dass ich auf den Plattenkamera-Geschmack erst gekommen bin, als ich vom Fitness-Level eigentlich schon zu alt war dafür 🙂
Frau Momo
Das ist dann wenn überhaupt nur was, was ich mal alleine machen könnte. Danke für den Hinweis!
Christian Wöhrl
Nachtrag: Dass bei körperlichen Einschränkungen das Auto oft alternativlos sein kann, ist mir klar. Wenn ich mir selbst vermeidbare Autofahrten verbiete, ist das nicht als grundsätzliche Empfehlung an meine Mitmenschen in jeweils anderer Situation gemeint.
Frau Momo
So habe ich Dich auch nicht verstanden… es ist vermutlich mein eigenes schlechtes Gewissen, das dafür sorgt, dass ich mich gelegentlich in einer Art Rechtfertigungszwang fühle…
derbaum
die kirche! – und mit dem ausrüstung schleppen – da ist was dran, ich bin ja wesentlich genügsamer – aber das 200mm altglas überlege ich schon durch die berge zu tragen 😉
Christian Wöhrl
Jup, für wenn ich mal wieder in deiner Ecke bin (wann auch immer), muss ich mir auch noch was ausdenken, wie ich ein Minimum an Planfilmgedöns all die schönen Steige raufgewuchtet bekomme 🙂
Bernhard
Lieber Christian,
so einen Langzeitbelichtung mit einem ND Filter steht bei mir auch noch auf der todo Liste 😀
LG Bernhard
Christian Wöhrl
Du als Eigenbau-Hase dürftest aber kein kommerzielles ND-Filter nehmen, sondern ein Schutzglas aus der Schweißerbrille 😉 Siehe
https://blog.h4ndw3rk.de/2018/05/12/graufilter-bei-verschlussproblemen/
und dort ganz am Ende des Artikels.