Kanalmixereien
Nach langer Zeit mal wieder ein Blick hinter die Kulissen in meiner digitalen Dunkelkammer … Wenn ihr schon länger bei mir mitlest, wisst ihr, dass ich früher viel Spaß daran hatte, interessante Tonwerte und Kontraste dadurch zu erzeugen, in Adobe Photoshop bzw. später Affinity Photo farbige und schwarzweiße Versionen desselben Bildes in mehreren Ebenen übereinanderzulegen und mit unterschiedlichen Einblend-Modi zu verrechnen. Spaß macht mir das immer noch – siehe just den vorigen Beitrag, in dem pro Bild zwei SW-Ebenen in wechselnder Deckkraft jeweils im Modus Multiplizieren und Weiches Licht über der farbigen Ebene lagen. Aber meist fehlt mir inzwischen halt doch die Geduld, außer dem sowieso immer beteiligten Raw-Konverter (früher Lightroom, heute DxO Photolab) noch ein weiteres Bildbearbeitungsprogramm zu öffnen.
Also hab ich am ziemlich verregneten Ostermontag mal etwas systematischer probiert, was ich direkt in DxO schon machen kann, sowohl in puncto Schwarz-Weiß-Konvertierung als auch hinsichtlich einer Simulation meiner Ebenen-Spielereien. Schauen wir’s uns doch mal im Detail an:
Dies war das erste Foto auf der Ostersonntags-Verdauungs-Radtour (was davon ansonsten vorzeigenswert ist, mogle ich, dem Aufnahmedatum zum Trotz, demnächst in den ersten Schwung Bilder fürs Quartal 2 nebenan). Hier ohne weitere Bearbeitung; geplant hatte ich es von vornherein als Schwarzweißbild.
Die banalste Art, im Raw-Konverter Schwarzweiß zu erzeugen: Foto im RGB-Modus belassen und den Schieberegler für die Sättigung auf –100 setzen. Damit’s nicht allzu trist wurde, habe ich noch ein bisschen an den Kontrastreglern gedreht (und diese für die folgenden SW-Varianten nicht mehr angefasst).
Etwas knackiger sollte das Schwarzweiß noch werden … Hier blieb die Sättigung normal, aber alle sechs Schieber des Kanalmixers wurden erst mal auf +100 geschubst, …
… für den nächsten Versuch dann auf –100. Das ist insgesamt etwas näher an dem, wie ich SW gern habe – wobei der Rot-Kanal zugunsten des Rohrs besser auf +100 geblieben wäre –, aber das geht schon noch besser.
Dafür verlassen wir RGB und setzen den Farbmodus auf Schwarzweiß. Dann bleiben nämlich die Regler des Kanalmixers zum Feintuning der Tonwerte erhalten (im Beispiel sieht das so aus) – ganz so, als hätte man in der analogen Fotografie das größtmögliche Sortiment an Farbfiltern zur Kontraststeuerung zur Verfügung.
Im vorigen Beispiel war der Blau-Kanal auf +100 geregelt, um die Spiegelung des Himmels zu betonen. Setze ich ihn, all else being equal, auf –100, schwächt sich die Reflexion stark ab und der Grund des Bächleins kommt zum Vorschein – spannender Nebeneffekt.
Okay, offensichtlich komme ich auf diese Weise also gleich im Raw-Konverter zu für meine Zwecke gut brauchbaren Schwarzweiß-Ergebnissen, ohne ein separates Programm bemühen zu müssen. Und wie ist das nun mit meiner alten Technik, Schwarzweiß- und Farbebenen miteinander zu multiplizieren?
Probieren wir doch mal den Kanalmixer im RGB-Modus aus, im Beispiel mit diesen Einstellungen. Hm, Farben schön schwach, Kontrast noch arg flau.
Also ran an die Kontrastregler und/oder die Gradationskurve. Erst mal behutsam – schon besser.
Und jetzt mit ziemlich extremen Werten für die Kontraste. Ja, so hab ich es mir vorgestellt!
Jetzt nur noch ein flotter Vergleich mit einem der Bilder von neulich – links die aufwendige Version mit mehreren Affinity-Ebenen, die zudem als Zwischenschritt mehrere große TIFF-Dateien benötigt, rechts die Kanalmixer-Bearbeitung in DxO. Nicht exakt identisch, aber eine sehr ähnliche Anmutung bei nur einem Bruchteil des zeitlichen Aufwands. (Die etwas subtileren Farbabstufungen links müssten sich rechts über z.B. die Regler für Leuchtkraft und Sättigung auch noch weitestgehend erreichen lassen.)
Sieht jedenfalls so aus, als bräuchte ich meine früher so geliebten Ebenen in Zukunft nur noch, wenn ich nur Teile eines Bildes per Maskierung anders bearbeiten möchte als den Rest. Und generell bin ich ja dankbar für alles, was dafür sorgt, dass ich weniger Zeit am Rechner verbringen muss …
One Comment
Bernhard
Lieber Christian,
in der digitalen Dunkelkammer kann man echt „tolle“ Dinge anstellen …
Hier noch meine Antwort zu Deiner Frage: https://deramateurphotograph.de/2024/02/16/das-biest-the-beast-9-siebblendenflareversuche-oder-wenn-sich-zwei-biester-treffen/#comment-38476
LG Bernhard