Zur See fahren
Heute hatte ich einen freien Tag. Nicht die typische Freiberufler-Sorte mit Ach, zwei Stunden Schreibkram am Laptop im Wohnzimmer tun schon nicht weh, sondern frei im Sinne von Der Computer bleibt aus. Morgens aufs Rad und den ganzen Tag Zeit, mal gucken, was passiert.
Da es gestern ziemlich ergiebig genieselt hatte und heute früh auch feucht-neblig war, blieb ich erst mal auf der Landstraße bzw. auf asphaltierten landwirtschaftlichen Wegen, von denen es in meiner Gegend etliche gibt. Irgendwann war klar, dass die Hauptrichtung Nordost war und dass die Kondition & die Müsliriegel bis an die Ostsee reichen würden. Fotogen war das Wetter während der ersten zwei bis drei Stunden nicht, und so fand ich also nur diesen Stecknitz-Logofisch am Elbe-Lübeck-Kanal des Auslösens wert:
Durch einen glücklichen Zufall begegnete ich im richtigen Moment einem anderen Radler, der mich auf eine schmale Brücke mitten im Naturschutzgebiet über die Wakenitz hinwies, die ich noch nicht kannte, was mir diverse Kilometer in die falsche Richtung ersparte (kein Foto, aber die Route lässt sich bei komoot nachvollziehen). Etwas später klarte es dann endlich auf. Hier der Blick über den Dassower See im Hinterland der Lübecker Bucht:
Im Zentrum des Horizonts im Bild das Maritim Hotel Travemünde. Können wir das bitte endlich sprengen? Das steht da kurz vor NWM wie eine besonders hässliche Leuchtreklame für den Kapitalismus und hat doch seit dem Mauerfall keine Daseinsberechtigung mehr …
Kurz vor der Küste ein Baum, den ich wirklich gern näher greifbar hätte, weil sich der bestimmt prima als Jahreszeitenbaum macht:
Am Meer selbst hab ich kaum fotografiert. Ich hab mich einfach gefreut, da zu sein. Eine der wichtigsten Faustregeln für Norddeutsche: Bevor du durchdrehst, guck aufs Meer.
Noch zwei Bilder von der Fährpassage über die Trave-Mündung. Es gibt da ein paar entzückende Häuschen, und es gibt das Maritim …
Und es gibt auf der Fähre keine Maskenpflicht mehr, wovon bei meiner Überfahrt ca. die Hälfte der Passagiere Gebrauch machte. Das waren dann auch dieselben, die wohl zwei Daumenbreit als anderthalb Meter definieren und drängelten, als gäbs kein Morgen. Zwei Jahre, nix gelernt 🙁
Der Haken an Spontan-Touren wie heute: Dass die Bahn Travemünde–Lübeck derzeit nicht fährt (wg. Brückenbau), habe ich erst am Bahnhof gelernt. Waren dann noch 25 nicht geplante Kilometer auf meist hässlicher Strecke (von Norden nach HL-Zentrum geht fast nur längs von Hauptstraßen / Autobahnen / Bahngleisen), auf dem letzten davon dann auch noch mit Plattfuß. Aber man ist ja Profi und wechselt den Reifen am Hinterrad auch im Dunkeln in unter einer Viertelstunde 🙂 Und das Ticket-Ziehen am Lübecker Hbf hat diesmal auch reibungslos geklappt, obwohl der Zielbahnhof Ahrensburg war 🙂
6 Comments
Frau Momo
Eine schöne Tour. Da kommt schon mal ein bisschen Vorfreude bei mir auf. Wir haben ja im April ein paar Tage Meck-Pomm gebucht. Meer ist immer gut. Man ist ja viel zu selten da 🙂
Tolle Lichtstimmung hast Du eingefangen.
Christian Wöhrl
Das Licht war wirklich sehr freundlich zu mir, damit war morgens beim Losfahren nicht zu rechnen. Aber verdient hatte ich es mir ja :-))
derbaum
jetzt weiss ich wieder warum ich lieber laufe! da haste seltener nen platten 😉
Christian Wöhrl
Na ja, einmal pro 5.000 bis 10.000 Kilometer einen Reifenschaden zu beheben finde ich gut verschmerzbar. Zu Fuß biste dafür ja auch ein paar Tage länger unterwegs, und dann biste selber platt und nicht der Reifen 😉
Am Strand selbst fand ich es diesmal aber auch schade, nicht einfach zu Fuß weitergehen zu können, ohne wieder zurück zum Rad zu müssen (auf Schieben oder Tragen hatte ich keine Lust). Und mit Öffis wäre ich halt auch nicht so hin- und wieder weggekommen, dass sich eine Streckenwanderung angeboten hätte.
derbaum
🙂 — ich weiss doch. es hat immer alles einen haken- meist musste ja auch zum ausgangspunkt zurück wennste fussgänger bist. und ich weiss nicht warum – ich laufe lieber statt zu radeln – auch wenn ich viel länger unterwegs bin – oder nur einen bruchteil schaffe…
Christian Wöhrl
Also fürs entspannte In-die-Landschaft-Gucken finde ich Laufen wirklich noch etwas besser als Radfahren; zumindest geht es mir so, dass ich zu Fuß immer noch das eine oder andere Detail mehr sehe als vom Sattel aus. Dafür ist zumindest bei wenig Verkehr oder abseits der öffentlichen Straßen Radfahren meist meditativer; da kann ich mich immer mal wieder in einen nahezu schwerelosen Flow reinkurbeln, den ich zu Fuß so noch nie erlebt habe. – Ich würde auf beides nicht verzichten mögen.