Unnötig und übermäßig
Milliardengeschenke an Ölkonzerne; die Weigerung, selbst einfachste Pandemieschutz-Maßnahmen mitzutragen; Ausnahmeregelungen für ineffiziente E-Fuels im EU-Verbrennerverbot; und nun auch die Absicht, für eine schwarze Null im Haushalt ausgerechnet in der Pflege zu sparen: Die Leistungsbilanz der FDP bereits in den ersten Monaten ihrer Regierungsbeteiligung ist, hüstel, beeindruckend. Doch worüber ich mich bei all diesen Zumutungen am meisten ärgere, ist dies:
„Es bestünde die Gefahr, dass ohne Preise Kapazitäten unnötig und übermäßig genutzt würden.“
So Bundesfinanzminister Lindners Begründung dafür, eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets abzulehnen, Quelle. – Ach so: Wenn Hunderttausende, vielleicht Millionen in Deutschland sich mühsam monatlich 9 Euro anderswo absparen, um in oft überfüllten, selten komfortablen Bussen und Bahnen ihren Aktionsradius in der Freizeit weiter auszudehnen, als sie sich das zu bisherigen ÖPNV-Tarifen erlauben könnten, dann ist das in der realitätsabgekoppelten Wahrnehmung eines hochalimentierten Bundesministers also kein Preis. Zweitens ist es unnötig und übermäßig, glaubt derjenige festlegen zu dürfen, der das imaginierte Recht seiner hedonistischen Peergroup, im Paar-Minuten-Takt Superbenzin für neun Euro auf der linken Spur zu verbrennen, jederzeit mit Zähnen und Klauen verteidigen würde.
Wir lernen einmal mehr: Wenn Liberale von Freiheit reden, geht es immer nur um die Freiheit derer, die genug geerbt haben, um den Porsche unterhalten zu können (FDP-Fachbegriff „Leistungsträger“). Für alle anderen haben die feinen, jederzeit gründlich geduschten Herrschaften nur Verachtung übrig.
Mein größter Wunsch für die FDP-Leistungsbilanz am Ende dieser Legislatur ist daher, dass niemand mehr Armut als „sozial schwach“ verklausuliert. Diese Floskel muss dringend einen Bedeutungswechsel erfahren: Die sozial Schwächsten im Lande sind offensichtlich Lindner, Kubicki, Wissing und Konsorten.
2 Comments
Frau Momo
Ich habe ja geahnt, dass es keine gute Idee ist, die FDP mit Ministerposten zu betrauen, aber so langsam gehen die mir wirklich nur noch auf den S****
Herr Kubicki, der duschen will, so lange es ihm Spaß macht, während alle anderen sich bemühen, Wasser zu sparen, eine Frau wie war doch gleich ihr Name, die von einem ausufernden Sozialsystem schwafelt und ein Herr Lindner, der nun da sparen will, wo sich der Notstand in der Pandemie mit am gravierensden gezeigt hat.
Ganz großes Kino von diesem neo-liberalistischen Haufen.
Christian Wöhrl
Was ich wirklich immer schwieriger finde: Ich weiß schon gar nicht mehr, wie ich noch über die Regierung sprechen soll (über die aus der F*ckDenPlebs-Partei vor allem, aber auch über große Teile der übrigen). Diese Ignoranz gegenüber ungefähr allem ökologisch, aber auch sozial Gebotenen, diese bewussten Entscheidungen, aus kurzfristigen ökonomischen Erwägungen (freundlich für „Gier“) die Armutsschere immer weiter zu öffnen sowie die mittelfristigen Lebenschancen der Nachwachsenden eiskalt zu opfern – das muss doch nach meinem Gerechtigkeitsempfinden mittlerweile justitiabel sein?
Oder noch eine Stufe krasser: der Supreme Court der USA, dessen Entscheidungen der letzten Tage im Grunde nur noch als Kriegserklärung gegen den Planeten und seine Bewohner*innen (ausgenommen cishet weiße alte Säcke) zu verstehen sind.
Wenn man nun anfinge, über solche Herrschaften als beispielsweise „Verbrecherpack“ zu reden, hebt das halt ein gewisses Gewalt-Level in die Sprache, das ich da eigentlich nicht haben will. Aber genauso empfinde ich es nun mal …