Ahrensburg möchte lieber nicht zukunftsfähig sein
Ahrensburg hat Ja gesagt. Ja dazu, doch lieber in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts zu bleiben, statt endlich in der Gegenwart der Stadtentwicklung anzukommen. Eine wenn auch knappe Mehrheit hat sich bei einem Bürgerentscheid mit immerhin 30% Wahlbeteiligung dafür ausgesprochen, im Bereich der Innenstadt jeden einzelnen öffentlichen Parkplatz mindestens 1:1 zu ersetzen, der z.B. im Zuge von Verkehrsberuhigungs-Maßnahmen rückgebaut wird.
Und das, obwohl im fußläufigen Bereich rund um die City mehrere Parkhäuser vorhanden sind, die nachgewiesenermaßen praktisch nie ausgelastet sind.
Obwohl der Parkplatz-Suchverkehr im Zentrum alle anderen Verkehrsteilnehmenden massiv behindert und die Aufenthaltsqualität in der ohnehin winzigen Fußgängerzone drastisch beeinträchtigt.
Obwohl die City so verdichtet und versiegelt ist, dass sie sich in heißen Sommern viel stärker erhitzt, als es notwendig wäre, und dringend mehr Grün und aufnahmefähige Böden bräuchte.
Aber in dem Städtchen bei Hamburg, in dem auch gerade erst ein neues Gewerbegebiet entstanden ist, das in jedem Detail aussieht wie noch vor der ersten Ölkrise geplant, ließen sich leider genug Bürgerinnen und Bürger vom mit viel Werbemacht durchgetrommelten Argument einiger Kaufleute überzeugen, möglichst viele öffentlich finanzierte Parkplätze vor der Tür eines jeden Geschäfts seien ein Gradmesser für Lebensqualität. Dabei trifft auf ungefähr jeder erdenklichen Ebene das Gegenteil zu; mehrere lokale Parteien, BUND, ADFC, P4F und andere Beteiligte konnten bei einigen Infoveranstaltungen zwar viel, aber noch nicht genug Bewusstsein dafür schaffen.
In der Ahrensburger City haben also auch weiterhin Autos den höheren Stellenwert als Menschen – schade.
(Das Artikelbild entstand in besagtem Gewerbegebiet.)
10 Comments
Aebby
Oh Mann – diese elende Diskussion, dass die Einzelhändler sterben wenn es keine Parkplätze mehr gibt. Hier bei uns läuft der gleiche Mist. Dabei werden Daten aus anderen Gemeinden, die das Gegenteil beweisen, geflissentlich ignoriert.
Kommt denn niemand auf die Idee, dass Radfahrer*innen den Einkauf vielleicht davon abhängig machen ob es Fahrradstellplätze gibt … *seufz
Christian Wöhrl
Kurzfristig genau das mit den Fahrradstellplätzen – auf dem Platz, den ein Stadtpanzer beim Parken beansprucht, aus dem ja zuallermeist auch nur ein Mensch aussteigt, lassen sich locker 5–6 Fahrräder parken. Und mittelfristig müsste man halt auch mal in der Stadtplanung berücksichtigen, dass die Vorstellung, eine lebendige City habe zuvörderst ein Shopping-Paradies zu sein, nicht so richtig in die nahe Zukunft passt, in der wir uns unseren klimaschädlichen Überkonsum endlich abgewöhnen müssen …
Aebby
Das mit dem Shopping Paradies kommt noch dazu.
Christian Wöhrl
Deshalb verstehe ich grundsätzlich auch die Existenzsorgen des Einzelhandels. (Tatsächlich müssten noch viel mehr Berufszweige Existenzsorgen haben, wenn ein hinreichendes Bewusstsein für den Ernst der Lage gegeben wäre.) Es ist nur so bizarr und irregeleitet, Hoffnung ausgerechnet in die Umstände zu setzen, die uns den Schlamassel mit eingebrockt haben …
Darf man das?
Von mir aus kann man das ganze Kaff einfach abreißen…
Christian Wöhrl
Ach, nicht unfair sein 😉 Eigentlich muss man nur ungefähr alles abreißen, was in diesem Jahrhundert gebaut wurde, dann sieht’s schon wieder viel sympathischer aus …
Detlef Steuer
Bestimmt kannst Du Dir auch meine Stimmung vorstellen. Der Ausgang ist enttäuschend. Es hilft aber nichts, es ist erstmal entschieden. 70% interessiert es überhaupt nicht, das schmerzt. Bei denen, die sich an die Urne bewegten, steht es 50-50. Vergleicht man die Etats der Kampagnen war jede Stimme dafür sicherlich 100mal so teuer, wie eine Stimme dagegen. Einfach weiter arbeiten, dann wird es nächstes Mal klappen. Was auch sonst? Hier meine Frustbearbeitung: https://wab-ahrensburg.de/2022/09/die-buerger-haben-entschieden/
Christian Wöhrl
Stimmt wohl: Dass die Kaufleutschaft für ein Fast-Patt so viel Aufwand treiben musste, gibt zumindest ein bisschen Hoffnung – von da ist es vielleicht nicht mehr weit bis zur Einsicht, dass sich die Mühe nicht lohnt 🙂 Wir bleiben dran, auf die eine oder andere Weise.
Frau Momo
Es ist doch immer wieder das gleiche Geqauke, wenn es um Parkplätze vor Geschäften geht.
Gerhard
In Würzburg sieht es ähnlich aus.
Als Rentner parke ich immer außerhalb und laufe rein.