Zukünftige Freiheitsrechte
Ich wüsste nicht, wann ich mich zuletzt über einen Text auf Juristendeutsch so gefreut hätte wie über diesen (Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts von heute).
Auch der objektivrechtliche Schutzauftrag des Art. 20a GG schließt die Notwendigkeit ein, mit den natürlichen Lebensgrundlagen so sorgsam umzugehen und sie der Nachwelt in solchem Zustand zu hinterlassen, dass nachfolgende Generationen diese nicht nur um den Preis radikaler eigener Enthaltsamkeit weiter bewahren könnten.
Aus der oben verlinkten Pressemitteilung, Abschnitt 3. a)
Es ist sozusagen amtlich: Die bisherige Klimaschutz-Gesetzgebung ist too little, too late, und wer Wirtschaft zulasten der Umwelt betreibt (das gilt für politische Akteure wie für Konsument:innen), verletzt die Freiheitsrechte von heutigen jungen Menschen und deren Kindern. Dass es explizit um Freiheitsrechte geht, gefällt mir an dieser Entscheidung sehr; denn schließlich wird im sogenannt konservativen Lager besonders gern von Freiheit salbadert. Wobei dann meist die individuelle Freiheit der Kernklientel gemeint ist, die auf Kosten der weniger Privilegierten und eben der kommenden Generationen geht – und dass so was nicht Maß und Ziel von Politik sein darf, das höchstrichterlich festzustellen war echt überfällig.
Jetzt bin ich gespannt, was das für den Wahlkampf bedeutet. Bisher haben meines Wissens weder der schwatte noch der rote Spitzenkandidat jemals zu verstehen gegeben, dass ihnen zu Umwelt mehr einfällt als Um Himmels willen, aber die Arbeitsplätze! Mal schauen, wie die beiden und ihre Parteien da noch rechtzeitig die Kurve kriegen wollen, denn sie werden wohl kaum so blöd sein, darauf zu hoffen, dass das Klima von selbst wieder von der Tagesordnung verschwindet. Immerhin gibt es ja diesmal noch eine dritte Truppe mit eigener Bewerberin, und die hat auf diesem Feld traditionell ihre Kernkompetenz. Wenn dieser Richterspruch nun also dafür sorgen sollte, dass ein echter Wettbewerb der Ideen entsteht, wie mittel- und langfristiger Klimaschutz am besten zu realisieren ist, kann das nur vorteilhaft sein.
4 Comments
uli
Danke für den Hinweis. Die PM wäre mir in der Flut der unangenehmen News glatt untergegangen. Und Bundeskanzlerin kann sowieso nur eine Frau werden. Ich habe genug von alten Männern. Bin selber einer, das reicht.
cwoehrl
Wobei das Chromosom allein noch keine Garantie für irgendwas ist. Wir sind ja nun alt genug, um uns an einen prototypischen alten weißen Mann mit Handtasche in Downingstreet No. 10 zu erinnern, nüch …
Aebby
Yesssss!
P.S. einen Mann als Kanzlerin kann ich mir eh nicht vorstellen 😉
cwoehrl
Hihi, nein, ich mir auch nicht 🙂
Aber ich war gestern noch versucht, einen boshaften Satz drüber zu schreiben, was es wohl für das Thema bedeutet, dass gerade ausgerechnet der Merzfriedrich ins Wahlkampfteam komplimentiert wurde. Und was macht er heute? Bremsen, erst mal gucken, nächstes Jahr hat das auch noch Zeit. Was für ein … [zensiert].