Eine Wanderung im Hellbachtal
Für den gestrigen Sonntag war genug Temperatur angekündigt, dass es mir bequem für zwei Tage reichen würde. Da aber nichts Dringendes im kühlen Kellerbüro anlag und ich umso dringender mal wieder ins Hellbachtal wollte, stand frühes Aufstehen auf dem Programm.
Der Vorfreude-Alarm funktioniert bei mir zuverlässig: Der Wecker stand auf halb fünf, aber um 4:22 Uhr war ich von selbst wach. Großes Müesli, Stullen schmieren, Kanne Tee in den letzten freien Winkel des Rucksacks, Abfahrt. Kurz vor sechs hab ich auf dem Wanderparkplatz Sarnekow die Knatterkiste verriegelt und los ging’s, in weiser Voraussicht die Kamera mit langem Tele schon in der Hand. Bereits nach ein paar hundert Metern flatterte links was großes Schwarzes auf und zeterte dabei anders, als Rabenvögel zetern. Ein Bild gelang mir von dem hübschen Kerl:
Nächster Blick dann nach rechts, wo eifrig in einer Tonlage gezwitschert wurde, die ich von daheim auch nicht kannte. In Richtung aufgehender Sonne und bei noch arg hoher ISO-Einstellung ließ sich nicht viel Farbigkeit herauskitzeln, ich kann also nur vermuten, dass es sich hier um einen Raubwürger handelt, den wohl einzigen Vogel, dessen Name mehr nach Klaus Kinski in einer Edgar-Wallace-Verfilmung klingt:
Nach rund drei Kilometern war das landschaftlich ansonsten eher anspruchslose Anwandern erledigt und das eigentliche Hellbachtal erreicht. (Die komplette Runde mit einigen Handyfotos vom Wegeverlauf gibt es übrigens bei komoot, für hier bleibe ich bei den ornithologischen und floralen Highlights.) Bei der ersten Querung des Bächleins auf einem entzückenden Bohlenweg drängten sich mir als Motive (statt mehrerer Hasen und Rehe, die alle zu schnell weg waren) zuerst frische Blätter und Blüten auf
und dann ein kleiner Vogel ziemlich weit weg, der akrobatisch am Zweigesammeln war und der erst in der Vergrößerung, dann aber eindeutig als Stieglitz identifizierbar war:
Vom Bohlenweg war es dann nicht mehr weit bis zum Schwarzsee, einem meiner Lieblingsorte überhaupt. Die Birken sahen prachtvoll aus in ihrem frischen Grün, aber das habe ich ganz ohne Fotografieren beim zweiten Frühstück auf mich wirken lassen. Dann habe ich mich daran erinnert, dass ich ja auch noch zwanzig Kilo Großformat-Geraffel bis hierher geschleppt habe, und das frische Grün ein bisschen schwarzweiß fotografiert 🙂 (Ein Shift-Panorama in digital hätte hier nicht geklappt, dafür hätte es windstill sein müssen.) Und ansonsten hab ich mich ein bisschen mit den Schwänen beschäftigt, die sich heute aber auch wirklich Mühe gegeben haben …
Hallo, kannste mal den Kopf bisschen runternehmen, damit deine Spiegelung auch ins Querformat passt? – Nein, nicht so, zu weit! – Jaaa, geht doch!
Danach ein Ründchen zu den anderen beiden Seen im Tal, wobei ich den Krebssee heuer fotografisch ganz außen vor gelassen habe, weil die einzige Stelle, von der aus er einsehbar ist, am Ostufer liegt, was morgens natürlich lichttechnisch öde ist. Am Lottsee gab es dafür (wenig genug Wind) endlich auch für die Kombi aus Digitaler und Holzkamera was zu tun:
Mittlerweile wars dann schon halb zehn und warm genug, mich auf November zu freuen. Erst mal habe ich mich aber über den kleinen Trupp Kraniche gefreut, der eine Flugshow für mich veranstaltet har:
Für den Rückweg hatte ich mir den landschaftlich insgesamt schönsten Teil des Tals aufgehoben, wo nämlich ein schmaler Wurzelpfad längs einiger kleiner Hügel durch einen lichten Wald verläuft. Bevor man dann wieder die Zivilisation erreicht, glitzert linker Hand noch der Sarnekower See durch den Wald. Da auf meiner Wanderkarte eine Art Aussichtspunkt verzeichnet war, habe ich dorthin noch einen Abstecher gemacht, allerdings hat sich nirgends ein Panoramablick ohne Bäume im Vordergrund erschlossen. Na gut, dann eben ein Panorama mit Bäumen im Vordergrund. – Der letzte See dieser Runde war dann ein gans kleiner, und kurz darauf war eine richtig schöne Wanderung zu Ende.
17 Comments
Mathilda
Sehr schöne Bilder und eine Gans, so ganz allein 🙂
cwoehrl
Ich würde mich nicht drauf festlegen wollen, dass sie ganz allein war, das Terrain hätte auch Platz für ein Pärchen gehabt. Aber Gänse gehören zu den Tieren, an die ich mich nicht allzu dicht herantraue 🙂
derbaum
hach, schöne ecke! (für den beitrag hätte ich allerdings wochen gebraucht!) danke fürs mitnehmen durchs flachland und das schmunzeln am morgen…
ps – ich hab mit meinen ca 5kg rucksack schon probleme, vor allem aus der hocke wieder hochzukommen :-D, aber 20kilo – respeckt!
cwoehrl
In der zweiten, wärmeren Hälfte des Tages hab ich mich auch selbst für bescheuert gehalten … Beim Wandern muss ich mir einfach vorher überlegen, ob ich analoges Großformat oder digitale Panos oder Wildlife knipsen will. Siehe auch gleich die Antwort an Herrn Rappel 🙂
uli
Der Raubwürger hat vergessen, seine Maske abzunehmen. So wird er schnell geschnappt. A propos schnappen: Wenn du mal wieder in unsere Gegend kommst: Wir haben hier viele Halsbandschnäpper. Die sind auch so doof, ihre Halsband-Beute offen mit sich rumzutragen.
cwoehrl
Halsbandschnäpper ist auch nicht schlecht, bisschen kleinkriminell vielleicht, früher Kinski?
rappel
Schöne Landschaft und schöne Bilder. Bei dem Gepäck fällt mir spontan der Bollerwagen ein. 🙂
cwoehrl
Ich hätte ja auch noch den Fahrradanhänger, seinerzeit für den Kindertransport genutzt und seither zum wasserdichten Gepäckabteil umgebaut. Aber der senkt meinen Aktionsradius doch recht drastisch ab, den hätte ich auch erst mit dem Auto ein großes Stück ranbringen müssen. Wenn das Töff irgendwann zusammenfällt (hoffentlich noch nicht so bald), neige ich dazu, es durch zwei Cargo-E-Bikes zu ersetzen …
Anna Hülkenberg
Da werde ich wieder ein bisschen neidisch… Was für eine schöne Gegend – und was für schöne Aufnahmen!
Christian Wöhrl
Andere finden derweil sehr schöne poetische Worte für die (Jahres-)Zeit … 😉 Das ist ja eine Fähigkeit, bei der ich neidisch werden könnte.
Bernhard
Lieber Christian,
da kann ich mit meinem Schneckenbild nicht mithalten 😀 Der anfliegende einzelne Schwan, ist für mich der Knüller 😀
LG Bernhard
Christian Wöhrl
Von der Schnecke bis zum Schwan ist gar nicht soo weit, Bernhard, du musst nur etwas großzügiger vorfokussieren 😉
Aber er hat auch was von einem dieser Großraum-Flugzeuge, oder? So eine Galaxy von vorn sieht nicht wesentlich anders aus, finde ich. Allerdings machen fliegende Schwäne die deutlich attraktiveren Geräusche 🙂
Bernhard
Ja, das Schwanenfluggeräusch ist unverwechselbar 😀
LG Bernhard
Darf man das?
Och, wieder Premium-Fluff. Und sehr unterhaltsam!
Guck, das Hellbachtal kannte ich noch gar nicht. Tss. Muss mal wieder in die Heimat 😉
Christian Wöhrl
Das könnte dir da gefallen … Ganz schlimmes Bootfahren ist im Tal selbst zwar nicht erlaubt und Baden auch nur im Krebssee, aber es gibt noch viel mehr Seen in der nächsten Umgebung 😉
Almuth
Was für eine schöne Gegend. Man kommt von einem Hach ins nächste 🙂 Das schöne Frühlingsgrün, die Vögel, die Landschaft und alles so schön eingefangen. Einen Raubwürger sah ich noch nie in Natura. Kinski hat ihm in den Filmen bestimmt die Schau gestohlen 😉 Das war ja eine ergiebige Wanderung mit vielen schönen Entdeckungen.
Christian Wöhrl
Diese Gegend ist wirklich extrem schön. Ich kann nicht beurteilen, ob es in anderen Ecken Deutschlands auch so ist, aber hier im Norden ist es längs der ehemaligen innerdeutschen Grenze (hier Luftlinie keine 10km) über weite Bereiche regelrecht paradiesisch. Hoffentlich bleibt das auch noch eine Weile so.