Digitales Composing,  Randbemerkungen

Vermischtes mit Haaren

Heute drängen sich zum Einstieg gleich zwei Zitate auf:

Nothing is as cruel as the righteousness of innocence New Model Army

Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie Jesus

Extremes Panorama-Querformat. Unteres Drittel eine Teichoberfläche im Wald, oben das Ufer mit viel Laub. Die Uferlinie wird großteils verdeckt von einem Stamm, der ins Wasser gefallen ist. Etwas rechts der Mitte ragen V-förmig zwei weitere kippende (aber noch nicht völlig gekippte) Baumstämme den Betrachtenden entgegen.

Genau, es geht um die Hanno­veraner Fridays und ihre Absage an die Sängerin Ronja Maltzahn wegen ihrer Frisur: Natürlich ist Cultural Appro­priation / kulturelle Aneig­nung ein Problem ungleicher Macht­verhält­nisse, dessen man sich bewusst sein und das keines­falls ins Lächer­liche gezogen werden sollte. Aber diese Causa Dread­locks illus­triert halt mal wieder sehr deut­lich, worüber ich mich zuletzt im Kontext Vega­nismus echauf­fiert habe: Auch dem edelsten Anliegen kann man massiv schaden, wenn man es allzu mili­tant und kompro­misslos verfolgt. In dieser Sache wäre ein informa­tiver Hinweis an die Sängerin à la Übri­gens: Nicht alle im Orga-Team sind über deine Mitwir­kung glück­lich, here’s why und viel­leicht denkst du mal drüber nach? deut­lich souve­räner gewesen als diese Atti­tüde von Erst schießen, dann fragen, und es hätte längst nicht so eine katas­trophale Außen­wirkung gehabt. Ich wünsch’ mir wirk­lich sehr, dass DIE GUTEN sich ihr bemerkens­wertes Talent zur Selbst­zerstörung abgewöhnen …

in einem Panorama-Querformat ragen zwei kahle Zweige mit einzelnen bräunlichen Knospen von rechts bzw. unten ins Bild. Der unscharfe Hintergrund lässt Waldumgebung erahnen.

Bisschen Max Weber auffrischen? Manchmal hat auch das Boule­vard-Portal Spiegel Online noch Perlen im Angebot, heute zum Beispiel Gut gemeint in die Katas­trophe von Hans-Jörg Sigwart.

Ein einzelner Baum, von dem man nur den untersten ca. halben Meter sieht, wurzelt in einem Teich. Das Panorama-Querformat zeigt die Teichoberfläche, in der sich der Baumstamm und noch zahlreiche andere Bäume spiegeln.

Ist euch auch schon aufge­fallen, dass es sich in den Wäldern selbst nach langen Regen­perioden bemer­kens­wert trocken anfühlt? Das ist nicht bloß ein Gefühl – in Deutschland wird das Wasser knapp, wir gehören welt­weit zu den Regionen mit dem höchsten Grund­wasserverlust.

Vor einer Teichoberfläche mit vielen gespiegelten Baumstämmen und etwas Himmelblau links ragt mittig ein zackig abgebrochener Baumstumpf ins Bild. Rechts dahinter auf dem Wasser scheint ein Graspuschel das Gezackte des Stumpfs gleichsam zu wiederholen.

Das fällt auch an meinem Mittagspausenteich auf, wo die heutigen Fotos mit der DIY-Fachkamera im Panorama-Modus und mit zwei antiken Objektiven entstanden sind (1 und 3: Laack Pololyt 13,5 cm • 2 und 4: Meyer Trioplan 10 cm). Der Tümpel hat zwar Wasser, aber gemessen daran, dass wir meteoro­logisch grade erst vom Winter zum Frühling gewechselt haben, ist es halt schon verflixt staubig überall.

Vor einem weich von Blau nach Hellbraun verlaufenden Hintergrund ragt von rechts oben der Zweig einer wilden Kirschpflaume Prunus cerasifera ins Bild. Oben vor Blau, noch in der Unschärfe, mehrere geschlossene Blütenknospen und hellgrüne frische Blattspitzen, unten im Vordergrund zwei geöffnete weiße Blüten mit charakteristischem rotviolettem Kringel innen.

Und die wilde Kirsch­pflaume blüht auch schon, obwohl noch nicht mal April ist. Das ist zwar schön, aber bestimmt nicht gut …

9 Comments

  • derbaum

    ich habe hier nicht das gefühlt – wenn ich ehrlich bin, alle wälder in denen ich unterwegs war triefen – wie tief das reicht weiss ich zwar nicht aber es ist nasser als im letzten frühjahr.

      • Christian Wöhrl

        Interessanter Artikel, danke! Ich wusste z.B. nicht, dass es unabhängig von der Klimaentwicklung im März quasi normal ist, Waldbrandgefahr zu haben.

        • derbaum

          hab ich gelesen – und auch so im radio gehört. ich habe nur meine beobachtung der letzten wochen kundgetan – die ja weder wissenschaftlich fundiert noch flächendeckend ist. ich bin halt oft in matsch gelatscht 😉

          • Christian Wöhrl

            Ich fand es vor ca. zwei, drei Wochen auch ziemlich nass in Wald und Feld. Das ist derzeit halt komplett anders hier, und es ist, wie ich fand, erstaunlich schnell gegangen mit dem Trocknen dafür, dass die Temperaturen ja noch nicht allzu hoch sind.

  • Frau Momo

    Ganz ehrlich, ich habe mich heute Morgen schon ziemlich über diese Dreadlock Geschichte aufgeregt. Man kann es auch übertreiben. Tut mir leid, aber mit deren Argumentation kann ich nicht mitgehen. Übrigens sind auch Tattoos und Piercings aus anderen Kulturen. Dreadlocks wurden schon von den Atzeken getragen. Auch im Hinduismus kennt man sie.

    • Christian Wöhrl

      Also zur Haar-Frage selbst kann ich mir im Grunde keine Meinung erlauben, dafür bin ich nicht tief genug drin im Thema; ich weiß halt nur, dass das als Teilbereich der Appropriation-Debatte schon länger diskutiert wird, aber ordne mich keiner Seite zu. Aber ich sehe, wie angreifbar man sich mit solchen Aktionen macht und wie unnötig und kontraproduktiv das ist.

      Für mich (das ist nun eine reine Außen-Sicht) stellt es sich so dar, dass man bei FFF versucht, dem Eindruck entgegenzuwirken, es sei eine rein weiß-privilegierte Veranstaltung, und dabei jetzt gründlich übers Ziel hinausschießt. Mag sein, dass ich mich täusche, aber bei Rechts-bis-Rechtsaußen nimmt man solche Kommunikations-Desaster viel seltener wahr.

      • Detlef Steuer

        Wie würde ein solches Kommunikationsdesaster denn Rechtsaußen überhaupt aussehen? Ich bin vor allem traurig, weil diese Art Debatten ihre ganze Aufmerksamkeit auf Trennendes richtet. Diese:r darf dies nicht, jene:r jenes und festgemacht wird es an Äußerlichkeiten, gar dem Phenotypen von Menschen. Hier an der Frisur! Gleichzeitig ist aber auch böse, wer Geschlecht nicht für etwas fluides, selbst bestimmtes hält, also eben die Erscheinungsform für vollkommen unwichtig. Bestimmte Worte darf man nicht nutzen, eine falsche Bezeichnung erscheint in Diskussionen schlimmer als die Tat. Meiner Überzeugung nach ist es wichtiger, dass man mit der richtigen Einstellung anderen gegenüber tritt, als im Vorhinein die politisch korrekte Anrede zu kennen. Nicht falsch verstehen bitte! Jeder sollte seine Worte gut bedenken, sie sind bedeutsam, die Mühe lohnt! Wer aber Worte verbietet, verbietet Gedanken, verschleiert Geschichte. Natürlich ist Vieles belastet und Vieles sollte man sich deshalb mit gutem Grund abgewöhnen. Man kann aber auch „N-Wort“ sagen und Rassist sein. Kein Rassist sein, sollte das Ziel sein, nicht nur wie ein nicht-Rassist reden. Können und sollen Weiße Gedichte von Schwarzen übersetzen? Ja! Können und sollen Schwarze Gedichte von Weißen übersetzen? Natürlich genau so ein Ja! Wie sonst soll sich gegenseitiges Verständnis bilden? Mit und ohne Dreadlocks. Sind neue Schranken entlang der körperlichen Erscheinung im Denken und Reden in irgendeiner Weise nützlich für eine friedlichere Zukunft? Ich kann es mir nicht vorstellen. Wer Trennendes betont, will trennen, nicht an Gemeinsamkeiten arbeiten. Seufz. Hoffentlich nicht zu weit vom Thema abgeglitten, aber auch mich schmerzen die Selbstzerstörungstendenzen der „Guten“. Was wäre alles zu erreichen, wenn auch mit ganz normalen, fehlerbehafteten Menschen kooperiert würde, nicht nur mit nach eigenen Maßstäben Heiligen!

        • Christian Wöhrl

          Auf gar keinen Fall bist du zu weit weg vom Thema, ich bin sehr dankbar für deine Ergänzungen – vor allem den Hinweis auf bewusst Trennendes / Ausgrenzendes in einer Szene, die eigentlich Vorreiterin bei Inklusion aller Art sein sollte. Starke Betonung auf Verbindendes, auf Gemeinsamkeiten, das sollte doch bei unseren großen Problemen selbstverständlich sein. Vielleicht nicht bis hin zum Dialog um jeden Preis auch mit den Putins dieser Welt, aber doch bis knapp unterhalb der Schwelle zum Kriegsverbrechen …

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