Digital,  Randbemerkungen

Je schlechter die Rohdaten …

Mal wieder ein Beitrag zum Thema Wenn du mit der Qualität deiner Digital­kamera nicht zufrieden bist, kauf nicht gleich neu, sondern probier’ erst mal eine andere Software:

Ab 2015 hatte ich für einige Jahre eine Kompakt­kamera der sog. 1-Zoll-Klasse in Benut­zung, eine Canon G7X, mit der ich insge­samt ziem­lich zufrieden war mit der Einschrän­kung, dass ich ihre Low-Light-Fähig­keiten wegen des kleinen Sensors nicht so dolle fand. Die wurde irgend­wann für länger inner­halb der Familie verliehen, aber neulich kam sie zu mir zurück. Und dann fiel mir ein, dass ich zwischen­zeitlich ja den Rohdaten-Konverter DxO PureRaw erworben hatte und dass ich mal auspro­bieren könnte, was der aus den G7-Rawfiles macht.

Beispiel siehe oben: Das ist ein Bild bei ISO 10.000, links aus dem Adobe-Konverter mit beängs­tigendem Luminanz- und Farb­rauschen, rechts dieselbe Ausgangs­datei in DxO konver­tiert und bei ansonsten iden­tischen Einstel­lungen aus Light­room expor­tiert – das ist geradezu um Welten besser, würde ich sagen.

Detail der SpiegelReflexKamera, sehr grobes vs. sehr feines Rauschen im Vergleich

Aber fällt euch was auf? Der Bild­ausschnitt ist nicht iden­tisch – die DxO-Version zeigt ein paar Grad mehr Bild­winkel (siehe auch oben, insbe­sondere am rechten Bild­rand, an der Kante der Exakta fällt es beson­ders deutlich auf).

Das musste ich natür­lich unter die Lupe nehmen. Stellt sich raus: Das Zoom-Objektiv der Canon hat einen zu kleinen Bild­kreis, um in den kurzen Brennweiten die volle Sensor­fläche auszu­leuchten! Wenn man immer nur mit der Adobe-Soft­ware arbeitet, fällt das nicht auf, weil bereits die Kamera selbst das Motiv zentral zuschneidet und auch intern mit entspre­chenden Vorschau­daten arbeitet, die sie dann dem Rechner unter­jubelt. Aber der Konverter von DxO lässt sich das nicht gefallen. So sieht dort eine noch nicht konver­tierte Raw-Datei aus der Canon aus – diese schwarzen Ecken kennen wir sonst nur von wilden Baste­leien mit Spielzeug­linsen (Grüße gehen raus an Bernhard):

Rohdatei einer PC-Tastatur im Raw-Konverter, man erkennt in den dunklen BildEcken, dass das Foto größer ist als der Bildkreis des Objektivs.

Daraus machen bei der Konver­tierung Adobe bzw. DxO dieses Bild – Adobe schneidet den Sweet Spot groß­zügig aus, DxO geht weiter in den Bereich der Vignet­tierung rein und korri­giert nicht nur die Verzerrung (das machen sie beide in gewissem Maße), sondern auch gleich den Hellig­keits-Abfall:

Zwei vermeintlich identische Fotos von einer PC-Tastatur nebeneinander, das eine hat minimal mehr Bildausschnitt als das andere

Die Pixel-Abmessungen sind iden­tisch, aber die Bild­fläche bei Adobe entspricht nur ca. 85 Prozent der Fläche, die der DxO-Konverter zur Weiter­verar­beitung ablie­fert. Da werden also knapp 17 Millionen Netto-Pixel auf 20 hoch­gerechnet, und die effek­tive Brenn­weite wird knapp 10 Prozent länger, als das Objektiv im Weit­winkel-Bereich eigentlich hergibt.

Nun könnte ich mich ja über diese „Schum­melei“ ärgern, aber ich freue mich lieber, dass die neue Soft­ware aus der kleinen Kamera viel mehr Qualität raus­holt, als ich bei deren Kauf zu hoffen wagte. Das erwei­tert ihre Nutz­bar­keit gerade jetzt in der dunk­leren Jahres­zeit doch erheblich!

9 Comments

  • Aebby

    Faszinierend! Der Qualitätssprung ist erstaunlich. Das was man in rein alaogen Zeiten als Kombination aus Kamera und Filmmaterial hatte und als Charakter bezeichnete wird heute von Software übernommen. Ob ich das gut oder schlecht finde weiß ich noch nicht auf jeden Fall ist es ungewohnt.

    P.S. vielleicht liegts am Alter, meine Kinder würden sagen: „Papa in Deiner Jugend habt Ihr auch noch an Höhlenwände gemalt.“

  • Gerhard

    Bei manchen insekten, die im Bereich 2mm (und kleiner) sind, bin ich auf Zufall angewiesen.
    Da ich immer mit sportfunktion schieße, kommt wenig Licht rein, dafür kann ich Serie machen.
    Manche insekten sind leicht das hundertfache kleiner als ebenfalls eher kleine insekten. aber bisher war ich noch nicht geneigt, aufzustocken, um auch diese winzlige adäquat darzustellen.

    • Christian Wöhrl

      Das mit dem Licht finde ich ja schon bei kleineren Bienen, Fliegen u.ä. schwierig, weil man ihnen so dicht auf die Pelle rückt, dass sie im Schatten der Kamera sind. Wenn sie noch deutlich kleiner werden, die Viecher, sind sie doch von einer normalen Kamera komplett abgeschattet … Ich hab mich damit noch nicht näher befasst, aber ich stelle mir vor, dass man für die ganz Kleinen lieber ein Endoskop als ein normales Objektiv nimmt, damit auch noch Licht ans Objekt kommt?

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