Randbemerkungen

Recht extremer Stuss

Es wäre über­trieben zu behaupten, dass ich Friedrich Merz bewun­dere. Aber bemerkens­wert ist sie schon, die Ziel­strebig­keit, mit der er auf den Höhe­punkt seiner Karriere hinarbeitet, die Vize-Kanzler­schaft unter Alice Weidel oder Björn Höcke.

Tatsächlich geht es mir gar nicht so sehr um Herrn Merz – dass der nicht davor zurück­schreckt, für etwas Applaus und erhoffte Vorteile platteste Lügen und recht extremen Stuss abzu­sondern, erwartet man von so einem Menschen ja gar nicht anders. Viel mehr gibt mir zu denken, dass es in der Bevöl­kerung genug frucht­baren Boden zu geben scheint, um die zuneh­mende Diskurs­verschiebung nach rechts über­haupt Erfolg verspre­chend wirken zu lassen – und dass kein Unfug zu dämlich ist, um nicht doch dank­bare Abnehmer zu finden.

Wenn zum Beispiel Mitglieder einer Partei, die seit 1982 32 Jahre lang den bzw. die Kanzlerin gestellt hat, ernst­haft kundtun, an Deutsch­lands Problemen sei im Wesent­lichen eine Partei mit genau 0 Jahren Kanzler­schaft schuld: Dann ist das so offen­sicht­licher Bullshit, dass Leute, die das behaupten, gründ­lich ausge­lacht und nicht mehr für voll genommen zu werden verdienen. Aber genau dieser Quatsch wird die Medien rauf und runter so disku­tiert, als handle es sich um valide Argu­mentation. Das lässt mich für die Wider­stands­fähigkeit der Gesell­schaft gegen die lauter werdenden Sirenen­gesänge des Faschismus nichts Gutes erwarten …

10 Comments

  • Gerhard

    Das ist in der Tat bizarr.
    Aber die gegenseitige parteidresche, die fast alle parteien betreiben, ruft bei mir schon lange nur müdigkeit hervor.
    Gerade in politshows geht es immer gegeneinander, mit der vagen Hoffnung, damit ein paar stimmen herauszukitzeln.

    • Christian Wöhrl

      Tatsächlich scheint mir das ritualisierte „Gegeneinander“ heute ziemlich im Kern unserer Probleme zu sitzen. So ziemlich alles, was wir an Schwierigkeiten zu bewältigen haben, macht ja weder an Kreis-, Landes- oder Bundes- noch Kontinents-Grenzen halt, weshalb von der lokalen bis zur globalen Ebene Kooperation das Gebot der Stunde wäre. Das kann aber nicht funktionieren, so lange nur ein mutmaßlich kleinerer Teil der Gesellschaften bereit ist, um des größeren Ganzen willen individuelle Opfer aufzubringen (die logischerweise für reichere Regionen und Individuen signifikant höher ausfallen müssten als für ärmere), während erschreckend viele andere ihrer Wagenburg-Mentalität frönen und alle, die „nicht dazugehören“, lieber buchstäblich verrecken lassen.

      • Gerhard

        Hart gesprochen, aber es stimmt.
        „Von der lokalen bis zur globalen Ebene wäre Kooperation das Gebot der Stunde“.
        Es wäre doch eigentlich ganz einfach, das zu begreifen…

  • Aebby

    „Wenn zum Beispiel Mitglieder einer Partei, die seit 1982 32 Jahre lang den bzw. die Kanzlerin gestellt hat, ernst­haft kundtun, an Deutsch­lands Problemen sei im Wesent­lichen eine Partei mit genau 0 Jahren Kanzler­schaft schuld: Dann ist das so offen­sicht­licher Bullshit, dass Leute, die das behaupten, gründ­lich ausge­lacht und nicht mehr für voll genommen zu werden verdienen. “

    Noch mehr Bullshit ist es wenn CDU und Konsorten von der Öko-Diktatur fabulieren.

    • Christian Wöhrl

      Die Ironie an der Sache ist ja, dass diese Öko-Diktatur ganz von allein kommen wird, wenn wir nicht rechtzeitig gegensteuern, nämlich dergestalt, dass die Ökologie mit zunehmend extremen Bedingungen diktiert, was dann noch möglich ist. Dagegen wären die fiktiven Verbote einer zusammenfantasierten Grünen-Diktatur echt Kinderturnen …

      • Gerhard

        Wäre es anders, wenn Wissenschaft exakte Vorraussagen liefern könnte?!

        Ich denke nicht. Man will (und kann daher) nicht reagieren.

        • Christian Wöhrl

          Na ja, die Vorhersagen sind ja seit den 1960er- oder 70er-Jahren schon erstaunlich präzise gewesen, und wenn uns dieser Sommer eins gezeigt hat, dann dass sie im Zweifel eher zu zurückhaltend waren. Die meisten Modellrechnungen waren halt leider lange in den Giftschränken der Ölindustrie weggesperrt, die die Öffentlichkeit derweil mit Abermillionen-Aufwand und nach Strich und Faden belogen hat.
          Andererseits waren ja auch damals die Klimademos nach allem, was ich darüber weiß, teilweise ziemlich groß, es gab also schon einiges an Kenntnissen über die Problematik. Ich möchte allerdings nicht glauben, dass es unabänderlich in der menschlichen Natur liegt, uns von anderen abzugrenzen und – um jeden Preis – über andere zu erheben; denn dann wäre die Lage wirklich aussichtslos.

          • Gerhard

            Kenntnisse gab es freilich, schon vor knapp 200 Jahren, durch einen gewissen Fourier.
            Aber es ist ein anderes Ding, wenn man exakt voraussagt, was kommt.
            Es gibt da einen Witz, wo sich jemand vor einer Flut nicht retten lässt und sowohl nicht ins Boot als auch den Helikopfter steigt, weil er an die Hilfe Gottes appelliert hatte.
            Als er umkommt und in den Himmel kommt, fragt er Gott, warum er ihm nicht geholfen hatte: Der sagt ihm: Ich hatte Dir ein Boot geschickt, dann einen Helikopter…

            Der Mensch ist kein rationales Wesen, zumindest nutzt er seine Rationicht so, wie er könnte…

  • Frau Momo

    Ich habe auch ziemliche Sorgen, dass keine der Parteien sich wirklich klar und deutlich artikuliert und vor allem auch handelt. Es sind immer wieder einzelne, tatsächlich auch aus der CDU, wenn ich an die Herren Wüst und Günter denke, aber insgesamt scheint man die Gefahr nicht sehen zu wollen. Das wollte Herr Biedenkopf schon damals nicht, als es in Hoyerswerda und anderswo gebrannt hat.
    Rühmliche Ausnahme ist Gerhard Baum, aber auf den alten Mann hört leider keiner. Dabei hat er noch viel zu sagen.
    Und die laue Antwort von unserem Bundeskanzler auf eine Frage einer Bürgerin war auch eher beunruhigend, weil komplett nichtssagend.
    Aber mich wundert bald gar nix mehr, nachdem ich heute den Eindruck gewonnen habe, die Einheit besteht vor allem im Saufen. Sachsen präsentierte sich mit Rotkäppchen, Bayern mit Andechs, die Pfalz mit Wein und das alles gemischt mit etwas peinlicher Folklore. Informationswert gleich null.
    Umso erfreulicher die nette Begegnung an der Alster. Hat mich ehrlich gefreut!

    • Christian Wöhrl

      Mich hat‘s auch sehr gefreut! – Aber anstrengend war es durch das Wetter, immerhin haben wir ja, wie sich‘s gehört, alles für unseren Stand mit Lastenrädern und Anhängern hingebracht, und meine 30km einfach waren noch nicht mal die längste Strecke im Team … Bin jedenfalls heute noch restmüde und melde mich ein andermal wieder ausführlicher 🙂

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